Einla­dung ins Schriftmuseum

Eine dialo­gi­sche Annä­he­rung von Brigitta Höpler und Barbara Rieger

Die BÖS-Dozent­innen Brigitta Höpler (Wien) und Barbara Rieger (Almtal) nähern sich abwech­selnd dem Schrift­mu­seum in Petten­bach an.

Barbara Rieger: Seit vielen Jahren fahre ich mit der Almtal­bahn von Wels nach Grünau und von Grünau nach Wels. In der Mitte der Strecke liegt die Markt­ge­meinde Petten­bach. Der früher unschein­bare Bahnhof, an dem ich oft ein- und ausge­stiegen bin, wurde kürz­lich moder­ni­siert. Plötz­lich fällt mir auf, dass etwas fehlt: Der riesige Hinweis auf das Schriftmuseum! 

Brigitta Höpler: Immer schon beschäf­tigen wir uns im BÖS auch mit visu­eller Poesie, also mit Sprache, die selbst zum künst­le­ri­schen Mittel wird. Wir arbeiten mit Worten, die nicht mehr Bedeu­tungs­träger, sondern Gestal­tungs­ele­mente sind. So loten wir in unter­schied­li­chen Formen diesen Raum zwischen Text und Bild aus, in den Lehr­gangs­mo­dulen, in Work­shops, in unseren Ausstellungen.

Im Jahr 2023 bekam ich von mehreren Seiten die Einla­dung zu einem parti­zi­pa­tiven Projekt des Schrift­mu­seums im Bartl­haus in Petten­bach zuge­schickt. Mail Art war mir ein Begriff. Es handelt sich dabei um mit unter­schied­li­chen Tech­niken künst­le­risch gestal­tete Karten und Briefen, um Kunst, die mit der Post verschickt wird. Von einem Schrift­mu­seum hatte ich noch aller­dings noch nie gehört. „Das Bartl­haus in Petten­bach ist das einzige öster­rei­chi­sche Museum, das sich der Schrift­kunst in ihren verschie­denen Ausfor­mungen widmet“, las ich auf der Webseite. Ich hatte keine Idee, wo Petten­bach liegt. Aber ich schickte eine meiner (W)ORTE- Collagen-Post­karten dorthin.

Barbara Rieger: Das Almtal ist ein Tal am Rande des Salz­kam­mer­guts, in dem es nicht nur einen Fluss mit glas­klarem Wasser – die namens­ge­bende Alm – gibt. Ein Tal, das mit Spazier‑, Wander- und Radwegen, dem male­ri­schen Almsee, dem bekannten Cumber­land Wild­park, der Grünen Erde Welt und vielem anderen Grün Tourist:innen anzieht. Ein Tal, das durch zahl­reiche Betriebe Einhei­mi­sche sowie „Zuagroste“ zum Bleiben und Kommen anregt. In so einem Tal, in dem es zudem einen berühmten Märchen­er­zähler (Helmut Witt­mann), mindes­tens einen bekannten Autor (René Freund), zahl­reiche Kultur­in­itia­tiven und eben auch ein Schrift­mu­seum gibt, kann ich als profes­sio­nell Schrei­bende nicht ganz falsch sein, so dachte ich immer.

Brigitta Höpler: Im März 2025 schrieb mir meine Kollegin und Freundin, Barbara Rieger (es gibt also im Almtal auch mindes­tens eine bekannte Autorin), das Schrift­mu­seum sperre nach der Winter­pause mit einer neuen Ausstel­lung wieder auf. Sie fragte, ob wir uns dort treffen wollen.

Barbara Rieger: Teil­neh­mende des BÖS-Sommer­work­shops „Blicke und Schrift im Almtal“  stat­teten mit Claudia Dabringer dem Schrift­mu­seum bereits 2021 einen Besuch ab. In einem Inter­view, das ich 2022 mit Ange­lika Doppel­bauer für die KUPF­zei­tung führte, meinte sie: “Die Kultur­haupt­stadt-Initia­tive ist ein guter Anlass, das Haus zu öffnen und das Angebot nieder­schwel­liger zu gestalten, sowie die vielen in der Region vorhan­denen Museen zu vernetzen!”

Im Kultur­haupt­stadt-Jahr 2024 hat sich im Almtal und im Schrift­mu­seum tatsäch­lich einiges getan. Immer wieder las ich von span­nenden Ausstel­lungen, inter­ak­tiven Projekten und lieb­äu­gelte mit dem (Kalligrafie-)Kursangebot. Dennoch gelingt mir ein Besuch des Schrift­mu­seums erst, als Brigitta Höpler meiner Einla­dung ins Almtal folgt.

Brigitta Höpler: Ende April setzte ich mich ins Auto und fuhr nach Petten­bach. Der Ort ist nicht beson­ders groß, dennoch mäan­derte ich, ohne Hinweis­schilder auf das Schrift­mu­seum, ein wenig herum, bis ich schließ­lich große Block­buch­staben an einer Haus­fas­sade sah.

Barbara Rieger: Wie immer war ich eine Spur zu spät dran, als ich mit dem Auto Rich­tung Petten­bach star­tete. Brigitta, die ich nicht nur als BÖS-Kollegin, sondern auch zum Beispiel für ihre (W)ORTE-Collagen-Postkarten schätze, sitzt schon vor dem Bartl­haus in der Sonne. Wir umarmen uns. Gemeinsam treten wir ein.

Brigitta Höpler: Die Muse­ums­mit­ar­bei­terin Dana Patsch, eine Studentin der Kunst­uni­ver­sität Linz, bietet an, uns durch das Haus zu führen. Sie erzählt von den Anfängen des Schrift­mu­seum – Schriften en groß (an Haus­fas­saden in Petten­bach von Leopold Feicht­inger) und en detail (die Ex-Exli­bris-Samm­lung von Ottmar Prem­staller). Einge­hend beant­wortet sie unsere Fragen, inter­es­siert hört sie sich unsere privaten und beruf­li­chen Erfah­rungen mit Schrift­kunst an, die uns in diesem Rahmen einfallen. Dass auch meine Collage „Von der Energie des Unge­planten“ im Ausstel­lungs­raum „Mail Art“ hängt, ist eine freu­dige Überraschung.

Barbara Rieger: In der Feicht­inger-Stube, die auch für Veran­stal­tungen genutzt wird, fühlen wir uns sogleich wohl. Gewidmet ist sie Leopold Feicht­inger, aus dessen Stif­tung das Museum hervor­ging. Beson­ders begeis­tert mich das Arbeits­zimmer / Archiv von Ottmar Prem­staller. In vielen mit Kleis­ter­pa­pier über­zo­genen Schach­teln sind dort Hunderte von Exli­bris verwahrt. So etwas möchte ich machen und melde mich zum ersten Work­shop an.

Außerdem bewun­dern wir die laufende Sonder­aus­stel­lung, die Arbeiten der italie­ni­schen Kalligraph:innen Massimo Pollelo und Patrizia Lonardi zeigt. Die Besich­ti­gung der Druck­werk­statt müssen wir uns aus Zeit­gründen für den nächsten Besuch aufheben, draußen warten die Alm und das Grün.

Das Museum, das übri­gens auch als Heimat­mu­seum fungiert – ein Bereich, der bald neu gestaltet wieder eröffnet werden soll – ist über­ra­schend umfang­reich und hoch­pro­fes­sio­nell. Auf jeden Fall eine Reise wert, oder was meinst du, Brigitta?

Brigitta Höpler: Unbe­dingt, gerade für Schreibpädagog:innen!

 

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