Erbe und Besitz

Ein Essay von Katha­rina Müller

Stellen Sie sich vor: Geld stirbt, wenn es nicht bewegt wird.

Energie ist Materie sagte schon Einstein. Materie, die sich bewegt gewinnt an Energie.
Wenn wir aber Geld horten, verliert es an Energie.
Warum ist in unserem kapi­ta­lis­ti­schen System Besitz so viel wich­tiger, als mit so viel Geld zu leben, wie jemand braucht?
Genug zu haben für das Leben und um das Leben beleben zu können, ist geschenkte Energie.
Viel mehr zu besitzen, als man braucht, ist Belas­tung, wenn es nur gehortet wird, ist Ener­gie­ver­lust.
Besitz, oder Erbe, das umge­wan­delt wird in eine belebte Immo­bile, oder ein Projekt, oder für wildes biodi­verses Land, für die Bienen oder die Elefanten, die Bäume, oder was auch immer bedroht ist auf unserer Erde, das poten­ziert Energie gleich Materie.
Doch nur horten wollen zu Sicher­heit, in einer Welt, die keine Sicher­heit bieten kann oder noch bedenk­li­cher, zur Vermeh­rung und Speku­la­tion für die nie gesät­tigte Gier, in einer Welt, wo die Schere, zwischen arm und reich weiter aufgeht, obwohl es genug hätte für alle auf der Erde, – das führt irgend­wann zu einem Finanzcrash.

In Öster­reich macht sich Marlene Engel­horn (Tax me now), eine junge mehr­fache Millio­närin daran ihr Erbe zu 90% weiter­zu­geben und eine Orga­ni­sa­tion zu gründen, die sich poli­tisch dafür einsetzt grosses Vermögen gross zu versteuern. 25 Millionen hat sie mitt­ler­weile an 77 verschie­dene Orga­ni­sa­tionen vermacht, von der Stras­sen­zei­tung Augustin bis zu Frau­en­häuser, Caritas , Bizeps und Beigewum etc… Rück­ver­gü­tung nennt sie das. Sie ist für viele Junge Sozi­al­de­mo­kraten Vorrei­terin und nun ist die Schweiz an der Reihe ange­führt von den Jung­so­zialen. Nächstes Wochen­ende stimmen wir darüber ab, direkte Demo­kratie sei Dank. Es sind die Jungen, die elementar betroffen und von unseren schwin­denden Ressourcen der Erde abhängig sind. Sie zeigen uns wie weiter­leben geht, indem unter vielen anderen Einschrän­kungen die Über­rei­chen ihr Erbe gross versteuern sollen.
Das Erbe für die Erde wäre der passende Slogan dazu.
Bis jetzt ist es nämlich so:
Je grösser der Besitz, das Erbe, umso kleiner die Steuer, das ist kein Witz!
Das sind Gesetz­mäs­sig­keiten der Vermö­gens­rechte und Fami­li­en­be­sitzes.
Das hat nichts mit Gerech­tig­keit zu tun und nichts mit den Gesetzen dieser Erde von Leben und Sterben.
Was nicht mehr lebendig ist stirbt, Materie, die keine Energie mehr bekommt, stirbt ab.
Es lohnt sich immer Energie in die Zukunft zu legen, um Materie zu erschaffen oder neu zu beleben.
Um uns und diesen Planeten am Leben zu erhalten.

Mein Erbe hat mir bewusst gemacht, was es heisst Geld zu haben, was es heisst zu erben. Was Erben für eine Verant­wor­tung mit sich bringt.
Ich habe nie mit Erbe gerechnet und nun ist es ein Geschenk, ein Geschenk dieser Erde an mich, nicht das Geschenk meiner Familie oder Tante oder Mutter, nein, – der Erde.
Warum Erde, fragen Sie? Weil, beim Erben läuft in der Familie alles falsch. 
Zum Beispiel:  Ich Nichte bekam Geld von meiner Tante und die anderen Nichten nichts, weil sie die Kinder schon verstor­bener Eltern waren, etc…Erben ist nicht gerecht, wenn es in der Familie bleibt. Die einen bekommen viel, die anderen nichts und niemand hat dafür gear­beitet; und die, die gar keine Familie haben bleiben arm dran. Grausam arm über Gene­ra­tionen!
Deshalb ist Geld das plötz­lich zu mir fliesst, ohne dass ich was dafür getan habe, ein Geschenk. Ein Geschenk der Erde, die uns nährt, ein Geschenk, das bewegt werden will, wie die Erde, die sich dreht…

Geld ist Energie, Materie, die auf mich zukommt, damit ich sie weiter in Energie umwandle. Je breiter ich diese Energie verteile, umso mehr Energie fliesst in neue Materie, wie ein Strom­netz über die Erde.
Das ist meine Devise.

Ich verschenkte ein Viertel meines Erbes in alle Himmels­rich­tungen, an Frauen, die das Geld in Leben umwan­deln und ener­gie­ge­laden brau­chen. Weil Frauen wissen, wie Leben erhalten wird und selbst oft unter körper­li­chem Ener­gie­ver­lust leiden, wenn Geld gleich Energie, nicht zum Leben reicht.
Das war kein Opfer von mir oder mora­li­sche Verpflich­tung, sondern mein Bedürfnis die Energie von Geld so zu bewegen, dass sie sich multi­pli­ziert und leben­dige Materie poten­ziert.
Es entstand ein Atelier für Frau­en­kunst- und Hand­werk Förde­rung. Wohn­mög­lich­keiten in Jurten, Unter­stüt­zung von tradi­tio­nellen Jodel­ge­sängen, ein Sommer­sitz im Garten­haus für eine Geigen­spie­lerin zum üben. Ein biodi­verser Wein­berg am Geburtsort meiner Mutter und Blumen, Blumen, Blumen für Schmet­ter­linge, Bienen und Insekten.

Bis jetzt richten sich die Gesetze unserer kapi­ta­lis­ti­schen Gesell­schaft nicht nach den Gesetzen der Erde und ihrer Energie. Bis jetzt sind Gesetz­mäs­sig­keiten von Leben und Sterben in Geld­an­ge­le­gen­heiten, obwohl wissen­schaft­lich bewiesen, leider noch nicht juris­tisch veran­kert. Aber wer weiss, viel­leicht bringt uns die Klima­krise dazu, neue Gesetze zu kreieren, die dem nach­hal­tigen Leben auf diesem Planeten besser gerecht werden.
Zum Beispiel jeder Mensch ist Pate:in eines anderen Menschen, einer anderen Tier­gat­tung und einer anderen Pflan­zen­gat­tung. Jeder Mensch, der mehr Geld besitzt, als er braucht, setzt sein Erbe, sein Besitz gleich seine über­schüs­sige Energie dafür ein, dass Materie sich multi­pli­ziert, dass das Energie- Strom­netz gespiesen wird und sich über die Erde verteilt und die Arten­viel­falt erhalten bleibt.

 

Das Essay von Katha­rina Müller ist im Schreib­work­shop “Der, die oder das Essay” mit Erika Kronabitter entstanden.