Ein gelungener Abschluss für die Literatursalon-Saison 2025
Ein Bericht von Cornelia Stahl und Tobias March
Am 11. Oktober 2025 fand der letzte Literatursalon im BÖS-Atelier in diesem Jahr statt. Es lasen Katharina Köller, Thomas Perle und Gabriele Kögl. Cornelia Stahl und Tobias Thomas March haben ihre Eindrücke für Euch zusammengefasst.
Es war der letzte Literatursalon des Jahres 2025. Draußen roch es nach Herbst, und kühle Luft drang durchs geöffnete Fenster. Ein Gemurmel ging durch den Raum, ein leises Knistern, eine angenehme Anspannung herrschte unter den Gästen und den Autor:innen. BÖS-Co-Lehrgangsleiterin Erika Kronabitter, die Moderatorin des Abends, sprach die einführenden Worte und stellte den Berufsverband Österreichischer Schreibpädagog:innen sowie seine reiche Angebotspalette mit knappen Worten vor. Im Hintergrund: die Ausstellung “Abwesenheitsportraits“ vom Fotografen Peter Bosch, die dem Abend einen künstlerischen Rahmen gab.
Die gebürtige Eisenstädterin Katharina Köller eröffnete den Literatursalon und las aus ihrem Roman “Was ich im Wasser sah” (Frankfurter Verlagsanstalt, 2020), in dem es um Abwesenheit, um die Abwesenheit des Busens einer Frau geht. Protagonistin Clarissa widersetzt sich den äußeren Einflüssen und Zumutungen, etwa denen des Arztes, der ihr ein Silikon-Implantat aufschwatzen will. Clarissa rebelliert und kämpft um ihren eigenen Selbstwert und das Sich-gut-Fühlen in ihrem Körper. Köller sagte im Werkstattgespräch: “Es geht im Roman um den Verlust der Weiblichkeit und das Finden des neuen Selbst. Es geht auch um das Verschmutzt-werden von der Politik, das Verstrahlt-Werden durch radioaktiven Müll. Der Text ist entstanden, als das Atomkraftwerksunglück von Fukushima passierte. Natürlich kann sich die Bevölkerung dagegen wehren, aber es sind alles nur Tropfen auf dem heißen Stein. Die Inspiration für das Buch ist das Kämpfen gegen diese Ohnmacht.“
Der zweite Gast des Abends war der Dramatiker, Dozent und Autor Thomas Perle („Wir gingen, weil alle gingen“, Roman Edition Exil 2018). Er las aus seinem Textmanuskript (2024) mit dem Titel: “Meine Erinnerung fällt zusammen.” Darin geht es um den Fall des Eisernen Vorhangs im geografischen Raum Rumänien, den Innenraum des roten Dacias, die Grenzen im Westen, um das Verlassen-Werden, die Mutter, Antragsformulare für Staatsbürgerschaften mit X‑en und expliziten Ausgrenzungen sowie Zugehörigkeiten und Identität. Im Werkstattgespräch meinte Thomas Perle: “Ich weiß noch nicht, was der Text ist, ob er ein neuer Roman ist oder ein Gedichtband. Der Text ist für eine Ausstellungsarbeit einer Kollegin entstanden. Angeordnet ist der Text wie Lyrik, aber ich weiß noch nicht, was der Text werde kann. Oft arbeite ich, wenn mir ein Auftrag erteilt wird und da fällt mir Stoff aus der Vergangenheit oder aus meinem Umfeld zu.“
Die Autorin Gabriele Kögl war die dritte und letzte Vortragende des Abends. Sie las aus ihrem Roman „Brief vom Vater“ (Elster & Salis Wien, 2023): “Rosas Eltern hatten keine Wertgegenstände erwirtschaftet. Dieses Haus war ihr ein und alles. An den Fenstern brachte die Mutter Blumenkästen an.“ Nachdem der Vater gestorben ist, mussten Rosa und die Mutter das Lebens selbst gestalten. Rosa hatte verschiedene Männer, zuerst Sigi, dann den wilden, ungestümen Klaus, der vorführte, wie gut es ihm ging. Die anderen Frauen hatten Angst vor Rosa, denn sie sahen in ihr eine Konkurrentin für ihre eigenen Ehen.
Im Werkstattgespräch erzählte Gabriele Kögl, dass sie für den Roman stark vom Innenstadtsterben in österreichischen Dörfern und Kleinstädten inspiriert wurde: “Die Innenstädte sterben aus, die kleinen Geschäfte gehen zugrunde, in der Stadt selbst nur mehr Ruinen. Die verbleibenden Familienunternehmen und Verkäufer:innen im Stadtzentrum sind frustriert und haben wenig Geschäft. Am Stadtrand werden riesige Einkaufscenter gebaut, die nur mit Autos erreichbar sind. Politiker:innen befinden sich hier in einer Zwickmühle, sie wollen Geschäfte im Stadtzentrum, aber die Einkaufscenter an der Peripherie der Stadt werfen trotzdem gutes Steuergeld für Kommunen ab.“
Im Anschluss an die Lesungen sowie die Werkstattgespräche fand der Abend einen lebendigen Ausklang bei Brot, Wein und spannenden Gesprächen. Neben dem BÖS-Wein am bunten Buffet stand auch diesmal wieder Vorarlberger Bergkäse bereit, der von weitem goldgelb leuchtete und sich wie von selbst in den abendlichen und herbstlichen Rahmen einfügte.
Video der Veranstaltung auf YouTube
Fotos: Tobias March
Video: Peter Bosch
