Von der Freude, einen Brief zu bekommen

Ein Inter­view mit Claudia Dabringer

Tiefe Verbin­dungen zwischen Menschen bekommt man mit kurzen Text­nach­richten in den sozialen Netz­werken nicht hin, sagt Claudia Dabringer. Sie ist ein großer Fan von Briefen, wir haben mit ihr darüber gesprochen.

BÖS: Ist das Schreiben von Briefen heut­zu­tage nicht ein wenig altmodisch?

Claudia Dabringer: Rein statis­tisch gesehen gehen die Brief­sen­dungen in Öster­reich stetig zurück. Und von den 113 Millionen Briefen, die 2024 zuge­stellt wurden, waren bestimmt nicht alle persön­lich geschrieben. Inso­fern ist die Frage natür­lich berech­tigt. Ande­rer­seits: Was für eine Freude, wenn man einen hand­ge­schrie­benen Brief bekommt, wenn sich jemand hinge­setzt und sich Zeit genommen hat, seine/ihre Gedanken nieder­zu­schreiben. Und diese Freude kann gar nicht altmo­disch sein.

BÖS: Wie viele Briefe schreibst Du noch?

Claudia Dabringer: Ich schreibe weit mehr als zehn Briefe im Jahr, vor allem vor Weih­nachten. Jeder Mensch in meinem nächsten sozialen Umfeld bekommst eine Art Résumé über das fast abge­lau­fene Jahr, wo ich meine Gedanken und Wünsche zum Ausdruck bringe. Der Brief wird dann meist mit dem Packerl über­geben, und manchmal höre ich, dass das wahre Geschenk der Brief und nicht das Packerl ist. Darüber hinaus schreibe ich Geburts­tags­briefe und natür­lich welche zu bestimmten Anlässen.

BÖS: Was sollte man beim Brie­fe­schreiben im Hinter­kopf behalten?

Claudia Dabringer: Warum man etwas mit jemandem teilen möchte. Und wie man das formu­lieren kann. Von Goethe gibt es das tref­fende Zitat: ’ ”Entschul­digen Sie, dass ich Ihnen einen langen Brief schreibe, für einen kurzen habe ich keine Zeit.’. Ich habe in meinem Leben sehr kurze, aber auch sehr lange Briefe geschrieben. Doch ich wollte immer mit meinem Gegen­über in Kontakt treten, eine Verbin­dung herstellen oder pflegen. Das ist meiner Meinung nach das wich­tigste beim Brie­fe­schreiben. Das bekommt man in dieser Tiefe mit kurzen Text­nach­richten in den sozialen Netz­werken nicht hin.

 

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