Wenn das Licht aufgeht …
Ein Interview mit Claudia Dabringer und Petra Ganglbauer
Viele, die sich für Schreibpädagogik interessieren, wollen selbst Schreibwerkstätten leiten. Der BÖS vermittelt das Fundament dafür.
BÖS: Was ist für dich das Beglückende am Leiten von Schreibwerkstätten?
Petra Ganglbauer: Am Erfüllendsten ist, wenn Menschen während des Schreibens und den Diskussionen darüber zunehmend Selbstbewusstsein gewinnen. Wenn plötzlich „ein Licht aufgeht“, wenn von den Teilnehmenden Erkenntnisse gewonnen werden, gerade dort, wo sie anfänglich Schwierigkeiten erwarteten. Wenn die persönliche Eigenart der jeweiligen AutorInnen sich herauskristallisiert und präzisiert. Wenn sich ihre Lust am Schreiben und/oder Schreiben Lehren steigert. Wesentlich dabei ist, dass jede/r Teilnehmende einen anderen literarischen Standort mitbringt; sie alle zu begleiten, jede/n, dort, wo er/sie es benötigt, ist essenziell.
BÖS: Wie entwickelst du die Ideen dafür?
Petra Ganglbauer: Ich habe einen Material-Pool seit vielen Jahren gesammelt, aus dem schöpfe ich. Hinzu kommen ständig neue Erfahrungen, Informationen. Wichtig ist, das Procedere während des Unterrichts der jeweiligen Atmosphäre in der Gruppe anzupassen, flexibel zu bleiben. Auch, um die Authentizität während des Unterrichts zu gewährleisten.
BÖS: Was kann ein befriedigendes Ergebnis sein?
Petra Ganglbauer: Ein für DozentInnen befriedigendes Ergebnis speist sich aus dem Gefühl, dass die jeweiligen Lehr-Ziele erreicht wurden, dass spannende Arbeitsprozesse stattgefunden haben, dass dies alles im Rahmen eines konstruktiven Workshops geschah und dass jede/r (DozentInnen wie Teilnehmende) dabei etwas Nachhaltiges gewinnen konnte.
BÖS: Warum braucht man gruppendynamisches Wissen, wenn man Schreibwerkstätten leiten möchte?
Claudia Dabringer: Weil das Ergebnis, von dem Petra Ganglbauer spricht, ganz fundamental von der Dynamik einer Gruppe abhängt. Für die Gruppenleitung ist es also wichtig, alle Teilnehmenden wahrzunehmen sowie ihre Individualität und Funktion für die Gruppe zu identifizieren. Dafür schaffen wir die Basis.
BÖS: Was gefällt dir am Leiten von Gruppen?
Claudia Dabringer: Ich bin überzeugt, dass der Mensch ein lernendes Wesen ist – und das lebenslang. Während wir in der ersten Hälfte unseres Daseins mehr oder weniger externes Wissen ansammeln, rückt der Fokus später immer mehr auf das innere Wissen, das was wir ohnehin schon in uns tragen. Die Wissensgewinnung zu unterstützen und dabei sein zu können, wenn eben dieses Licht aufgeht, von dem Petra Ganglbauer gesprochen hat, ist für mich ganz großartig.
BÖS: Ein Tipp für Einsteiger?
Claudia Dabringer: Menschenliebe zu entwickeln. Denn ohne Zuneigung zum Gegenüber wird das Lehren und Anleiten schwierig.
Petra Ganglbauer und Claudia Dabringer gestalten den Workshop „Schreibwerkstätten konzipieren und leiten“ am 19./20. September 2020.
Fotos: www.tica-foto.com und Marko Lipus