Autoren­so­li­da­rität: Wir sind BÖS! Und gut. Ein Portrait von Barbara Rieger

Erschienen in der Autoren­so­li­da­rität 1/19, April 2019

Lehr­gang Schreib­päda­gogik und Schreib­work­shops am BÖS – Berufs­ver­band Öster­rei­chi­scher SchreibpädagogInnen

Von Barbara Rieger

 

2004 wurde der gemein­nüt­zige Verein „Berufs­ver­band Öster­rei­chi­scher Schreib­pädgo­gInnen“ (damals mit der Abkür­zung BOeS, heute BÖS) gegründet, der nicht nur Schreib­work­shops, sondern auch den Ausbil­dungs­lehr­gang Schreib­päda­gogik anbietet. Die Wurzeln dieser Ausbil­dung gehen bis in die 1980-er Jahre zurück. Seit damals wurden an der VHS poly­col­lege Stöber­gasse Schreib­werk­stätten ange­boten, aus denen 1998 der „Lehr­gang Wiener Schreib­päda­gogik“ hervor­ging. Die spezi­fi­sche Methode der „Wiener Schreib­päda­gogik“ wurde von Gerwalt Brandl entwi­ckelt und von Christa Brauner und später von Petra Gangl­bauer am BÖS weiter­ge­führt und bildet bis heute die Basis der Ausbil­dung und der Angebote.

Im Zentrum stand und steht dabei die Sprache als Mate­rial. Schrei­bend werden das Ich, die Welt und Sprache reflek­tiert. Schreiben als intran­si­tiver Prozess, Schreiben ohne Mittei­lungs- und Darstel­lungs­zweck, Schreiben als Selbst­er­fah­rung, bei der das Unbe­wusste und der Zufall eine Rolle spielen darf. Schreiben als spie­le­ri­sche Ausein­an­der­set­zung mit sich selbst und mit anderen – auf sprach­li­cher Ebene. Text als Selbst­aus­druck und als Kontakt­fläche mit der Schreib­gruppe. Text aber auch im Kontext von Lite­ratur und von lite­ra­ri­schen Strö­mungen. Text als etwas, auf das man detail­liertes und profes­sio­nelles Feed­back geben kann. Text als Kunst. Und nicht zuletzt Sprache und Geschrie­benes im Dialog mit anderen Kunst­formen. Die Band­breite der Einsatz­mög­lich­keiten des Schrei­bens kennen­zu­lernen, zu erfahren und weiter­zu­geben. Das ist Schreibpädagogik.

Pro Jahr werden am BÖS mehr als 20 unter­schied­liche Schreib­work­shops veran­staltet. Das Angebot umfasst:

  • Gattungs­spe­zi­fi­sche Schreib­work­shops: z.B. Drama, Epik, Lyrik
  • Ziel­grup­pen­spe­zi­fi­sche Work­shops: z.B. Schreiben mit Kindern, Jugend­li­chen, SeniorInnen
  • Schreib­work­shops mit Selbst­er­fah­rungs­aspekten: z.B. Schreiben als Ressource, Auto­bio­gra­phi­sches Schreiben
  • Themen­zen­triertes Schreiben: z.B. Traum, Kaffee­haus, Stadt
  • Pädago­gi­sche und berufs­feld­ori­en­tierte Work­shops für Autor­Innen und Schreib­pädagog­Innen: z.B. Berufs­bild AutorIn, Inspi­ra­tion & Recherche, Schreib­werk­stätten konzi­pieren und leiten
  • Inter­dis­zi­pli­näre Schreib­work­shops: z.B. Text und Bild, Transfer und Transformation
  • Sommer­work­shops an spezi­ellen Orten

Die Schreib­work­shops sind offen für alle Schreib­in­ter­es­sierten. In einer Gruppe von fünf bis zehn Teil­neh­menden wird zu verschie­denen Impulsen geschrieben, werden eigene Texte vorge­lesen, wird Feed­back ausge­tauscht oder über bestimmte Themen disku­tiert. Die Work­shops sind dabei so unter­schied­lich wie die Themen und die Dozent­Innen, die sie leiten.

Wer die Ausbil­dung zur Schreibpädagogin/zum Schreib­päd­agogen absol­viert, kann aus diesem Angebot 10 Work­shops wählen. Dazu kommen sechs verpflich­tende Lehr­gangs­mo­dule, sowie eine Abschlussarbeit.

Ziel des Lehr­gangs Schreib­päda­gogik ist die Weiter­ent­wick­lung von lite­ra­ri­scher, kommu­ni­ka­tiver, metho­di­scher und didak­ti­scher Kompe­tenz sowie die Fähig­keit, Gruppen und Einzel­per­sonen in ihrem schöp­fe­ri­schen Prozess zu begleiten und zu fördern, und Schreib­gruppen und ‑work­shops zu leiten. Daraus ergibt sich das weitere Ziel, Schreib­päda­gogik inner­halb des jewei­ligen gesell­schaft­li­chen Kontextes ausüben zu können und als Beruf zu installieren.

In der Ausbil­dungs­gruppe wird in einem geschützten Rahmen gemeinsam geschrieben, das Geben und Annehmen von Text­feed­back erlernt und geübt, die Ausein­an­der­set­zung mit Lite­ratur sowie mit Grup­pen­dy­namik forciert. Die Anbin­dung an den Lite­ra­tur­be­trieb wird durch „Special Guests“ in den Lehr­gangs­mo­dulen, Lite­ra­tur­sa­lons mit Lesungen zeit­ge­nös­si­scher Autor­Innen sowie die Durch­füh­rung einer eigenen Lesung und Gestal­tung einer eigenen Publi­ka­tion gewährleistet.

Dabei wendet sich der Lehr­gang Schreib­päda­gogik an Autor­Innen, Jour­na­lis­tInnen, Germa­nis­tInnen, die gerne pädago­gisch arbeiten (möchten), sowie an Pädago­gisch Tätige in unter­schied­li­chen Berufen und Funk­tionen in Schule, Erwach­se­nen­bil­dung, Jugend­ar­beit, Sozi­al­ar­beit etc. oder einfach an Menschen, die gerne schreiben und sich ein neues Berufs­feld erschließen wollen. Von Studen­tInnen bis Pensio­nis­tInnen sind alle will­kommen, die gerne schreiben und diese Begeis­te­rung weiter­geben möchten. Voraus­set­zungen sind die Bereit­schaft zu einem respekt­vollen Umgang mitein­ander und zu gegen­sei­tigem Inter­esse sowie eine Aufge­schlos­sen­heit und Neugier in Bezug auf lite­ra­ri­sche Formen und Verfahrensweisen.

Von 2008 bis 2016 wurde der Lehr­gang und der Verein von der Autorin und Radio­künst­lerin Petra Gangl­bauer geleitet. 2016 übergab sie an Sophie Reyer und Barbara Rieger, seit 2018 leitet Barbara Rieger den Verein gemeinsam mit dem enga­gierten Team: Hannah Sideris, Peter Bosch, Brigitta Höpler, Erika Kronabitter (Vorstand), Günter Vallaster, Claudia Dabringer und Martin Leichtfried.

 

 mehr zur Autorensolidarität

 mehr zum Lehrgang