Radies­chen: Vorhang auf! BÖS – Berufs­ver­band österr. Schreib­pädagog­Innen. Ein Artikel von Marga­rita Kinstner.

Erschienen in : Radies­chen, Zeit­schrift für Lite­ratur, Nr.50, Mai 2019

Vorhang auf!

BÖS – Berufs­ver­band österr. SchreibpädagogInnen

Von Marga­rita Kinstner

 

Schreib­werk­stätten gibt es wie Sand am Meer. Schreiben im Kaffee­haus, Schreiben im Schloss, Schreiben in Grie­chen­land – die ganze Welt, so möchte man meinen, schreibt heut­zu­tage, nur lesen tut kaum noch jemand. Und jetzt, werden Sie fragen, will man uns hier noch eine Schreib­schmiede vorstellen? Eine Schmiede, die gar weitere Schmiede hervor­bringen soll? Klingt das nicht ein biss­chen sehr nach Fast­food-Kette, bei der am Ende die Back­hendl­stücke überall gleich nach in Schuh­leder einge­wi­ckeltem Radier­gummi schmecken?

Nun, eben nicht. Es mag zwar es ein paar Jähr­chen her sein, dass ich den Lehr­gang absol­viert habe, doch die Philo­so­phie des BÖS ist – trotz zwei­fa­chem Wech­sels der Leitung (nach Petra Gangl­bauer und Sophie Reyer ist nun Barbara Rieger die Obfrau des Vereins) – noch immer dieselbe wie damals.

Im Gegen­satz zu so manch anderen, die in ihren Work­shops gern erklären, wie man zu schreiben hat (und wie auf keinen Fall), wird beim BÖS expe­ri­men­tiert. Der Mut, verschie­denste Mittel auszu­pro­bieren und das Wagnis, Neues zu suchen und in die eigenen Texte fließen zu lassen, stehen über allge­mein­gül­tigen Rezepten, die es ohnehin nicht gibt (auch wenn es uns manche gern weis­ma­chen wollen). Die Work­shop­lei­te­rInnen beim BÖS sind in erster Linie gute Didak­tInnen, die es verstehen, das Verschüt­tete an die Ober­fläche zu holen. So obskur die Impulse (kommend aus der Wiener Schreib­päda­gogik von Gerwalt Brandl) auf den ersten Blick erscheinen mögen, sie brechen das eigene Schreiben auf. Die Texte werden reicher, indi­vi­du­eller. Das Erkennen und die Akzep­tanz des eigenen Tons, die Frei­heit, Regeln zu brechen und das Hören/ Erkennen des Talents anderer steht in allen Modulen und Work­shops im Vorder­grund. Nichts Anderes als die Viel­falt ist es schließ­lich, das die Lite­ratur (und das Leben im Allge­meinen) so span­nend und viel­fältig macht.

Wenn Sie also auf der Suche nach dem sind, was in Ihnen steckt und lernen möchten, wie Sie dieses Urei­gene auch bei anderen aufspüren und stärken, dann sind Sie beim BÖS in jedem Fall gut aufge­hoben. Auch wenn Sie dafür auf das Meer oder die Schloss­ku­lisse und ein allge­mein­gül­tiges Rezept, das immer gelingt, verzichten müssen.

Marga­rita Kinstner in : Radies­chen, Zeit­schrift für Lite­ratur, Nr.50, Mai 2019

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