Der rote Ballon – Ricardo Liniers Siri

Eine Buch­re­zen­sion von  Sophie Reyer

Heute ist Samstag, und das ist ein beson­derer Tag. Da können Matilda und Clemen­tine machen, was ihnen gefällt. Es regnet zwar, aber das ist egal. Dafür schmeckt das Früh­stück besser. Die klei­nere der Schwes­tern – Clemen­tine – verwech­selt Gummi­stiefel außerdem wahl­weise mit einem Luft­ballon und einer Gummi­ente und auch der Regen gefällt ihr zu Beginn nicht so. Aber Matilda kann Clemen­tine mit Schirm und Sprach­ge­walt dann doch davon über­zeugen, dass Sams­tage Spaß machen. Denn: Span­nend ist die Natur! Dauernd verän­dert sich irgend­etwas: Wolken, Gewitter und nasse Wiesen fächern sich als Aben­teu­er­land­schaften vor den Kindern auf und sogar ein farben­präch­tiger Bogen spannt sich über das Firma­ment. Vor lauter Freude wird dem Regen­bogen auch gleich ein Luft­ballon geschenkt. Das macht Clemen­tine dann aber doch ein wenig traurig. Da muss Matilda schon drei neue Ballone in unter­schied­li­chen Farben auftreiben, damit fried­lich einge­schlafen werden kann!
In Liniers Bilder­buch, 2016 im Kunst­mann­verlag erschienen, gehen Sprache und Erschei­nungs­bild inein­ander auf: Die comic­haft gestal­tete Wahl der Wörter ist witzig und verspielt zugleich und wird auch noch in Sprech­blasen darge­stellt. Linier verwendet für die Dialoge der beiden Mädchen onoma­to­poe­ti­sche Sounds und arbeitet mit Mitteln der Reduk­tion – ganz dem Kosmos einer drei­jäh­rigen, die ja Clemen­tine zu sein scheint, entspre­chend. So ist auch das einzige Wort, das der Kleinen zum Regen einfällt, folgendes: „nass“. Im Laufe des Aben­teuers werden von den beiden Mädchen alle mögli­chen Natur­klänge nach­ge­ahmt: „Klatsch“ klingt der Regen, „Krawumm“ macht das Gewitter. Und die Freude über die Natur entlockt den beiden Mädchen ein begeis­tertes „Juhuh“. Auch mit Miss­ver­ständ­nissen auf der sprach­li­chen Ebene wird hier gear­beitet: In diesem Sinne verwech­selt Clemen­tine Gummi­stiefel wahl­weise mit einem Luft­ballon und einer Gummi­ente. Und abends, als beide glück­lich einschlafen, ist das letzte Wort ein lautes aber beherztes: „Hatschi.“

In diesem Sinne ist „der rote Ballon“ eine vergnügte Gute­nacht­ge­schichte, die bestimmt noch vielen Kindern Freude machen wird.

 

Sophie Reyer, Jänner 2017

Für die Rezen­sionen sind die jewei­ligen Verfas­se­rInnen verantwortlich.

 

Ricardo Liniers Siri: Der rote Ballon
München: Verlag Antje Kunst­mann, 2016
32 Seiten
EUR 15,00
ISBN: 978–3956141393