Sommernomaden. Stories. – Marianne Jungmaier
Ich sehe Marianne vor mir, wie sie uns im BÖS-Atelier von ihrer letzten Reise nach Indien erzählt. Dort, im BÖS, habe ich auch gelernt, dass es zuallererst immer um den Text geht.
Also, die Protagonistin der Stories aus Jungmaiers „Sommernomaden“ befindet sich in Indien und liebt einen Kroaten namens Miro. Mit einer Freundin reist sie nach Venedig und stellt fest, dass sie nur sie selbst sein kann, wenn sie alleine ist. In Belgrad wohnt sie an einem perfekten Ort für Begegnungen, die ihrer Form nach gar nicht existieren und erinnert sich an ihren Großvater, der einst aus dem damaligen Jugoslawien floh. Sie feiert Partys in Berlin, besucht Reisebekanntschaften in London und drückt die Hand ihrer Mutter auf einem Felsen an der Küste Islands. Sie überschreitet Grenzen in Brasilien und in Nevada und schreibt in aller Stille in Schottland, bevor sie schließlich wieder in Indien landet – unsanft auf Beton!
Jede der zehn Stories steht für sich und dennoch fügen sie sich ineinander. Gemeinsam geben sie Einblick in den „Reiseführer“ der Protagonistin und in das Lebensgefühl moderner Nomaden. Der Reichtum an Details lässt die Leserin jeden Ort vor sich sehen, riechen und schmecken. Und vor allem finden an jedem der Orte zwischenmenschliche Begegnungen statt, die die Autorin in ihrer Einzigartigkeit schildert.
Die sprachliche Fülle und sinnliche Poesie des Textes macht ihn nicht nur zu einer perfekten Sommerlektüre, sondern zu einem Buch, in das ich auch im Winter gerne wieder hineinlesen werde. Vielleicht genügt auch schon ein Blick auf das wunderschön bunt gestaltete Cover und die jedes Kapitel einleitenden Fotografien der Autorin, um gedanklich in die Ferne zu schweifen.
Barbara Rieger, 2016
Für die Rezensionen sind die jeweiligen VerfasserInnen verantwortlich.
Marianne Jungmaier: Sommernomaden. Stories.
Wien: Kremayr & Scheriau, 2016
192 Seiten
EUR 19,90
ISBN: 978–3‑218–01046‑7