Verstaubte Götter. Historisches . Zeitnahes – Dine Petrik
Eine Rezension von Cornelia Stahl
Auf Reisen den Ursprüngen der Menschheitsgeschichte folgen
„Sind wir moralisch Handelnde?“ Das Zitat der Philosophin Susan Sontag stellt die Autorin Dine Petrik an den Anfang ihrer Essays und greift es im Prolog nochmals auf: „Sind wir (…) moralisch Handelnde, wenn wir zurückgehen, den Bildern im Kopf nachgehen?“; S.8. Verfolgen wir die „Vision einer heilen Welt, die es nie gab?“ S.8, fragt die Autorin. Petrik folgte auf ihren Reisen dem „Sog Mesopotamiens, nach Uruk, Ur, Eriden, drei archäologische Städte aus der sumerischen Frühzeit, Ausgangsstätten der Zivilisation“, S.8.
Antworten auf Petriks Fragen finden wir im Prolog, in dem sie hervorhebt, „dass jede Begegnung mit (…) der anderen Kultur ein Gewinn ist, ein Erfahrungswert“, S.9.
Petriks Reisen führten sie an verschiedene europäische und außereuropäische Orte und in Länder wie Vietnam und Kambodscha, wobei die Essays verdeutlichen, dass es sich nicht um Wohlfühl- und Entspannungsreisen handelte. Die Texte gleichen zum Teil Reiseberichten, an anderen Stellen reflektieren sie persönliche Begegnungen und Eindrücke der Autorin. Der achtsame und kritische Blick auf Landschaften, Menschen und politische Systeme erweist sich in allen Veröffentlichungen Petriks als unverwechselbarer Ton.
Alle Reiseessays halten das Erhabene und Besondere des jeweiligen Ortes fest sowie Reflexionen der Autorin zum politische Zeitgeschehen. Wir erhalten Einblicke in die Lebenssituationen und Nöte der Bewohner:innen des jeweils bereisten Landes. So erfahren wir etwa von einem Streik, der 1995 immer samstags im Herzen Istanbuls stattfand, bei dem sich „kurdische Frauen und Mütter zum Sitzstreik“, S.55, versammelten, um den Verlust ihrer verlorenen Söhne oder Männer zu beklagen.
In ihrem Epilog verbindet Petrik Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft: „Was steht in Aussicht, ein Klimakrieg?“, S.152. Statt KI-Hochkultur und ChatGPT plädiert sie für „ein intensives Spiel, das Sprachspiel“, ein (möglicher) Beweis, „ein Daseinsbeweis?“, S.153. Die unkonventionellen Essays sind eine Einladung an Leser:innen, mit den Augen der Autorin zu reisen und neue Zugangsweisen zu erschließen.
Cornelia Stahl, September 2025
Für die Rezensionen sind die jeweiligen Verfasser:innen verantwortlich.
Dine Petrik: Verstaubte Götter. Historisches. Zeitnahes.
Weitra: Bibliothek der Provinz. 2025
164 Seiten
22,00 €
ISBN: 978–3‑99126–336‑4
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