Ein Gold­hügel im Gaumen – Tina Strohmaier

Eine Rezen­sion von Tobias Thomas March

Die namenlos blei­bende Ich-Erzäh­lerin beginnt ihre Reise mit einer Auto­fahrt im Fiat Cinque­cento nach Inns­bruck, um die Latein­prü­fung, die ihr noch für ihren Studi­en­ab­schluss fehlt, zu absol­vieren. Die Gedanken schweifen wild umher und wie in einem Sog fährt man durch die Land­schaft und folgt den Gedanken der Prot­ago­nistin. Sie denkt an ihre große Liebe S. und daran, dass die Liebe bestehen bleiben wird, egal wie die Prüfung ausgehen wird. Gleich darauf meint die Prot­ago­nistin, dass das doch kitschig sei. Dieses Hin und Her, dieses Auf und Ab, wird die Leser:innen das ganze Buch hindurch begleiten.
Nach der Prüfung fährt die Ich-Erzäh­lerin an den Chiemsee in den Urlaub. Schrei­bend und Kirchen anschauend, sollte die Zeit verbracht werden. Im Verlaufe des Buches wird klar, dass diese Reise eine Flucht vor dem befürch­teten Loch nach der Prüfung ist – eine Flucht vor der Depres­sion, mit der die junge Studentin oft zu kämpfen hat. Ihr wird beim Durch­blät­tern eines Gesund­heits­ma­ga­zins im Urlaub klar, dass sie selbst an Mager­sucht erkrankt war und immer noch ist und eine Abnei­gung gegen den Schön­heits­wahn und falsche, gesund­heits­schäd­liche Diät­ver­spre­chungen der Hoch­glanz­ma­ga­zine hat.
Trotz vieler ernster Themen und einem inneren Monolog, der nie abzu­bre­chen scheint, liefert der Roman auch schöne, helle Momente. Das mag skurril anmuten, aber diese Momente sind im Buch das Umarmen eines Baumes, um Kraft zu tanken, einen neuen Haar­schnitt bei der fremden Frisörin im Feri­en­dorf und ein selbst­ver­ord­neter Glücks- und Lachtag.
Außerdem ist der authen­ti­sche Vorarl­berger und später bairi­sche Regio­nal­dia­lekt eine Beson­der­heit. Als Beispiel hier ein Tele­fon­ge­spräch mit der Mutter der Prot­ago­nistin nach der Latein­prü­fung: „Künnto meor üs denn nüd oaml i dr Wocho treaffo zum Höglo, und dass du meor denn heolfscht?“ (S. 47)
Der Roman endet mit einer Entschei­dung und dem Eintreffen der Lateinprüfungsergebnisse.

 

Tobias Thomas March, April 2025

Für die Rezen­sionen sind die jewei­ligen Verfas­se­rInnen verantwortlich.

 

Tina Stroh­maier: Ein Gold­hügel im Gaumen
Wien: Fabrik.Transit 2024
132 Seiten
19 EUR
ISBN: 978–3‑903267–67‑1

 

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