Krea­tive Schreib­im­pulse für Studierende

Ein Inter­view mit Petra Ganglbauer

Petra Gangl­bauer ist nicht nur die Leiterin des Lehr­gang “Schreib­päda­gogik”, sondern war auch Lehr­be­auf­tragte an der Univer­sität Graz. Wie sich beides befruchtet, erzählt sie im Interview.

BÖS: Wie kann Schreib­päda­gogik das akade­mi­sche Schreiben unterstützen?

Petra Gangl­bauer: Auch im Rahmen des akade­mi­schen Schrei­bens müssen sich Studie­rende immer wieder mit Schreib­blo­ckaden ausein­an­der­setzen. Es gibt durchaus Phasen, in denen gar nichts mehr geht. In so einem Fall eignen sich krea­tive Impulse, die möglichst weit weg vom ratio­nalen Zugang zur Schreib­ar­beit sind, beson­ders gut! Schreib­an­re­gungen, bei denen man/Frau  nichts falsch machen kann. Oder auch Anre­gungen, die zur Erkenntnis führen, dass schließ­lich jegliche Arbeit am Text etwas Prozess­haftes ist und somit Schei­tern – oder was man herkömm­lich darunter versteht – ledig­lich bedeutet, dass man/Frau gefor­dert ist, neue Stra­te­gien zu erproben, um zu einem Ergebnis zu gelangen, das nicht nur ober­fläch­lich gesehen gelungen, sondern auch für erfül­lend ist.

BÖS: Welche Perspek­tiven eröffnen sich im akade­mi­schen Kontext für Studie­rende? Und in welchen Fächern?

Petra Gangl­bauer: Insbe­son­dere in pädago­gi­schen Fächern, genauer, im Rahmen des Deutsch-Unter­richts oder des Fremd­spra­chen-Unter­richts, ist die Anwen­dung schreib­päd­ago­gi­scher Impulse durchaus hilf­reich und ziel­füh­rend. Die wenigsten Pädagog­Innen finden im sehr eng gesteckten Lehr­pro­gramm Raum, um spie­le­risch mit Kindern oder Jugend­li­chen zu arbeiten und die herkömm­li­chen Bewer­tungs­kri­te­rien ad acta zu legen. Wenn ich an der Univer­sität krea­tives Schreiben unter­richte, weise ich beson­ders die ange­henden Deutsch- oder auch Fremd­spra­chen­leh­re­rInnen darauf hin, wie wert­voll und unter­stüt­zend krea­tives Schreiben im Hinblick auf Lern­pro­zesse, Selbst­wert und Persön­lich­keits­ent­wick­lung der Schü­le­rInnen ist. Krea­tive Schreib­ein­heiten vermögen Frei­räume zu schaffen und als Ventil zu fungieren. Sie sprengen normiertes Denken.

Aber auch für die Studen­tInnen selbst, unge­achtet des Studi­en­fachs, aus dem sie kommen, wirken krea­tive Schreib­im­pulse anre­gend und befreiend. Diese Erfah­rung habe ich zuletzt an der Univer­sität in Graz gemacht. Immer wieder kamen Rück­mel­dungen wie „Ich habe endlich meine Sprache wiedergefunden!“

Rück­mel­dungen wie diese zeigen, wie wichtig es ist, den Studie­renden Frei­räume zu bieten, damit sie ihrer ganz indi­vi­du­ellen Sprache Ausdruck verleihen können.

BÖS: Wie führst du die Studie­renden in das krea­tive Schreiben ein?

Petra Gangl­bauer: Zunächst sammle ich alle Ansätze und State­ments, alle Posi­tio­nie­rungen und Frage­stel­lungen zum Thema Schreiben oder krea­tives Schreiben aus dem Kreis der Studen­tInnen. Die Genesen und Bedürf­nisse sind ja durchaus unter­schied­lich. Im Laufe des Semes­ters binde ich nach und nach all diese Aspekte in die gene­relle Diskus­sion ein, um den Studie­renden zu zeigen, wie wichtig ihre ganz subjek­tiven Zugänge sind. Zunächst stecke ich den Rahmen ganz locker ab, sodass jede oder jeder sich auf ihre, seine ganz indi­vi­du­elle Weise ausdrü­cken kann.

Derge­stalt kris­tal­li­sieren sich schon unter­schied­liche Stimm­füh­rungen heraus sowie die Vorlieben für bestimmte Gattungen. Mein Lehr­plan ist grund­sätz­lich orga­nisch abge­legt, es gibt jedoch Arbeits­punkte, die ich einbe­ziehe, weil sie für die Schreib­ar­beit unab­dingbar sind. Span­nend, wie ambi­tio­niert dann die Text­prä­sen­ta­tionen und auch Diskus­sionen nach einiger Zeit vonstatten gehen. Wie lust­voll Texte geschrieben und betrachtet werden und sich Schreib­pro­file heraus­kris­tal­li­sieren. Und: Wie die Vorfreude auf die nächste Unter­richts­ein­heit wächst!

Foto: Marko Lipus