Schreiben am Markt

Ein Inter­view mit Petra Piuk

BÖS: Seit 2018 bietest du mit „Schreiben am Markt“ kosten­lose Schreib­work­shops im Wiener Bezirk Favo­riten an. Wie bist du auf die Idee zu diesem Projekt gekommen?  

Petra Piuk: Die Grund­idee hatte ich mit 16 oder 17. Ich wollte damals eine Kunst­schule in Rio de Janeiro eröffnen. Eine Schule, in der inter­na­tional arbei­tende Künstler und Künstler­innen kosten­lose Work­shops für Jugend­liche anbieten. Malerei, Schau­spiel, Gesang und krea­tives Schreiben. Die Idee hat mich nie losge­lassen. Nachdem ich mein erstes Buch veröf­fent­licht hatte, dachte ich: Jetzt setz die Idee einfach um. Muss ja nicht gleich Rio sein. Auch in Wien haben nicht alle Zugang zu Kunst und Kultur.

BÖS:  Krea­tives Schreiben am Viktor-Adler-Markt. An wen richtet sich dieses Angebot?

Petra Piuk: Das Angebot richtet sich in erster Linie an Schreib­an­fänger und Schreib­an­fän­ge­rinnen von 14 bis 104, die aufgrund ihrer sozialen oder finan­zi­ellen Situa­tion keine Möglich­keit bzw. Schwie­rig­keiten haben, an regu­lären Work­shops teilzunehmen.

BÖS: Warum hast du diesen Ort gewählt?

Petra Piuk: Ich hab einen Ort gesucht, an dem viele Menschen zusam­men­kommen. Markt­platz stand da ganz oben auf der Liste. Auf der Akademie der Zivil­ge­sell­schaft hab ich dann den Tipp mit dem Stand 129 am Viktor-Adler-Markt bekommen. Ich hab mir den Stand ange­sehen und sofort gewusst, dass ich hier die Work­shops anbieten möchte. Es ist ein toller offener Raum mit bunten Treiben rund­herum. Immer wieder kommen Leute dazu, die spontan mitma­chen möchten. Ich könnte mir keinen besseren Ort vorstellen.

BÖS: Und wie kann man sich die Schreib­work­shops vorstellen? Gibt es bestimmte Vorraus­set­zungen oder Vorgaben für die Teil­neh­menden und Leitenden?

Petra Piuk: Die Work­shop­lei­tenden sind publi­zie­rende Autoren und Autor­innen wie Isabella Feimer, Gudrun Büchler, Barbara Rieger, Marcus Fischer oder Martin Peichl. Sie alle halten die Work­shops ehren­amt­lich und ich bin sehr glück­lich und dankbar, dass ich für das Projekt so tolle Autoren und Autor­innen gewinnen konnte. Die Work­shops dauern zwei Tage lang und sind in sich abge­schlossen. Jeder Work­shop hat einen anderen, von den Work­shop­lei­tenden gewählten Schwer­punkt: Sprach­spiele, Kurz­prosa, Kürzest­prosa, Lyrik, Innerer Monolog, Dialoge, usw. Im Grunde geht’s aber ums Schreiben. Um die Freude daran. Egal in welcher Sprache. Wir hatten eine Grup­pen­übung, in der ein drei­spra­chiges Gedicht entstanden ist, das war wunder­schön. Es geht ums Auspro­bieren. Um Bestär­kung. Es gibt kein Feed­back, jeder Text wird beklatscht.

Es geht darüber­hinaus aber auch um das Eröffnen von Möglich­keiten, wenn jemand beson­ders talen­tiert ist und Kontakte in die Lite­ra­tur­szene möchte.

Einmal pro Halb­jahr gibts eine Lesung am Markt. Wer möchte, kann seine Texte einem inter­es­sierten Publikum präsentieren.

BÖS: Was meinst du: Kann jedeR schreiben? Kann jedeR schreiben lernen? 

Petra Piuk: Ich glaube, es braucht beides: Talent und Hand­werk. Ich bin aber der Meinung: Wer Schreib­work­shops besu­chen möchte, soll die Möglich­keit dazu haben. Es geht mir um Chancengleichheit.

BÖS: Kann jedeR, der selbst schreibt, schreiben unterrichten?

Petra Piuk: Nein, ganz bestimmt nicht.

BÖS: Kommen auch Teil­neh­mende, die eigent­lich nicht in deine Ziel­gruppe passen, also erfah­rene Schrei­bende und Menschen, die sich auch einen kosten­pflich­tigen Work­shop leisten könnten? Wie gehst du damit um?

Petra Piuk: Da triffst du mich an einem wunden Punkt 😉 Es kamen tatsäch­lich immer wieder einzelne Teil­nehmer und Teil­nehmer­innen, bei denen ich das Gefühl hatte, dass sie nicht in die Ziel­gruppe passen. Das ist doppelt ärger­lich. Erstens nehmen sie anderen Menschen einen Platz weg. Und zwei­tens gibt es ein großes Angebot an  Schreib­work­shops, und ich möchte ja meinen Kollegen und Kolle­ginnen keine poten­zi­ellen Teil­nehmer und Teil­nehmer­innen wegschnappen. Da muss ich mir noch etwas über­legen. Noch klarer formu­lieren. Viel­leicht die Ziel­gruppe doch mehr einschränken. Auf der anderen Seite leben die Work­shops vom Mitein­ander unter­schied­lichster Ziel­gruppen. Dieses Mitein­ander ist mir sehr wichtig.

 

Die nächsten Termine:

29. und 30. März 2019
Work­shop mit Barbara Rieger
Sprach­spiele

26. und 27. April 2019
Work­shop mit Martin Peichl
Bier­de­ckel­ge­dichte und andere Kurz- und Kürzesttexte

 

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