Zu wagen, ohne Furcht

Ein Inter­view mit Karina Kirisits-Zwölfer

Karina Kiri­sits-Zwölfer hat während des Studiums nach Impulsen für ihr eigenes Schreiben gesucht und beim Lehr­gang „Schreib­päda­gogik“ gefunden. Seitdem kann sie auch mit ihren Schü­le­rInnen neue Wege des Schrei­bens beschreiten.

BÖS: Vor welchem Hinter­grund hast Du Dich damals für den Lehr­gang entschieden?

Karina Kiri­sits-Zwölfer: Es war die Lust, etwas Neues auszu­pro­bieren – mutig zu sein – etwas zu finden, was mir gefehlt hat. In meiner Schul­zeit und auch in meiner Zeit an der Univer­sität hatte freies, krea­tives Schreiben kaum einen Platz. Soll nicht heißen, dass es nicht andern­orts gelebt wurde bezie­hungs­weise wird. Ich habe schon früh viel und gern gelesen, denn Bücher lassen einen reisen, Aben­teuer erleben, in magi­sche Welten eintau­chen. Nicht immer habe ich ein Buch gefunden. Nein. Manche Bücher haben auch mich gefunden. Gefunden zum rich­tigen Zeit­punkt. Haben mich getröstet, mich weiter­ent­wi­ckeln lassen, mich über den Teller­rand blicken lassen, meinen Hori­zont erwei­tert, mich selbst finden lassen. Schon meine Groß­mutter hatte eine Leiden­schaft für Lite­ratur und das Schreiben von Kurz­prosa und Lyrik.  Als Kind sind mir diese kleinen Zettel­chen in Erin­ne­rung geblieben, Papier­fetzen, Servi­etten, auf denen bruch­stück­haft Texte standen, die sie dann in ein ledernes Notiz­buch geklebt hat bezie­hungs­weise dort ihre Texte hinein­ge­schrieben hat. Sie hat ausschließ­lich für sich selbst geschrieben. Das hat mich so faszi­niert, dass mich der Gedanke, selbst auch schreiben zu wollen, seit frühester Kind­heit begleitet. Aber zurück zur Univer­sität und der Frage, wie ich denn nun schluss­end­lich auf den BÖS-Schreib­lehr­gang gestoßen bin: In einem Deutsch-Seminar, in dem es um auto­bio­gra­fi­sches und krea­tives Schreiben ging, habe ich eine Profes­sorin kennen­ge­lernt, der ich davon erzählt habe, dass ich Impulse für mein eigenes Schreiben suche und krea­tivem Schreiben Platz in meinem Unter­richt geben möchte. Diese Profes­sorin hat mich dann auf den BÖS-Schreib­lehr­gang aufmerksam gemacht. Und so ich habe meinen Weg zum BÖS gefunden.

BÖS: Wie sind die gewon­nenen Erkennt­nisse in Deinen Job eingeflossen?

Karina Kiri­sits-Zwölfer: In erster Linie als Selbst­re­fle­xion. Die Frage „Wie kann oder will ich Schü­le­rInnen-Texten begegnen?“ hat viele weitere Fragen aufge­macht. –  Jeder Schü­le­rInnen-Text ist wert­voll, und ich wollte Erfah­rungen sammeln in der Art und Weise des wert­schät­zenden, aber konstruk­tiven Feed­back-Gebens. Die Methoden, die Werk­zeuge, die ich während der Ausbil­dung erhalten habe, ermög­li­chen mir dies. Ermög­li­chen mir die Sensi­bi­lität, die Empa­thie, die ich von Natur aus schon habe, auf diesem Gebiet greifbar zu machen. Die Erfah­rungen, die ich im Hinblick auf Schreib­pro­zesse und die Analyse von Texten machen durfte, prägen mich in meinem schu­li­schen Tun enorm.

Ich möchte auch betonen, dass ich krea­tives Schreiben nicht als Kontrast zum Lehr­plan sehe. Es soll ihn ergänzen, es sollen Entwick­lungs­räume für das Lernen mit Kopf, Herz und Hand geschaffen werden. Es braucht im schu­li­schen Kontext Frei­räume, um diese Entwick­lungen zu ermög­li­chen. Dieser schein­bare Frei­raum während des krea­tiven Schrei­bens erfor­dert Flexi­bi­lität, erfor­dert ein Sich-auf-etwas-Einlassen. Auch das ist eine Erfah­rung, eine Kompe­tenz. Was ist ein Text? Was macht einen Text zu einem guten Text? Wozu schreibe ich? Was lerne ich aus dem Schreiben? Wie viel traue ich mir zu? Welche Lösungs­wege finde ich, um Schreib­blo­ckaden zu über­winden? Was brauche ich für mich selbst, um entspannt schreiben zu können? All diese Fragen, der Weg der Lösungs­fin­dung und der krea­tive Schreib­pro­zess ermög­li­chen das Ziel persön­li­cher Erfah­rungen auf viel­fäl­tigen Ebenen, und dies ist so viel wert­voller, als einen Punkt im Lehr­plan abzu­haken. So kommt der Stein ins Rollen, und so versuche ich das Schreiben, das Lesen, das Über­ar­beiten von Texten privat wie auch im schu­li­schen Kontext zu leben.

BÖS: Welche Erin­ne­rungen verbin­dest Du mit dem Lehrgang?

Karina Kiri­sits-Zwölfer: Dieses gute Gefühl in einem geschützten Rahmen, geschützten Raum, über sich hinaus­gehen und Neues auspro­bieren zu können. Zu wagen, ohne Furcht. Dies hat Mut gemacht, sich auf neue Wege zu begeben. Dinge zuzu­lassen und einmal zu schauen, was wird, ohne Erwartung.

Die Moti­va­tion der Teil­nehmer­Innen, ihre hilf­rei­chen Beiträge und das Werk­zeug, das uns mit auf unseren Weg gegeben wurde, haben mich nach­haltig geprägt, sowohl mein Schreiben als auch meinen Umgang mit schrift­li­chen Werken meiner Schü­le­rInnen. Dafür bin ich meinem Schreib­lehr­gang und den Dozent­Innen sehr dankbar.

 

Karina Kiri­sits-Zwölfer hat den Lehr­gang „Schreib­päda­gogik“ 2021/2014 besucht.