Beginn einer Reise!

Ein Text von Romana Endrich, Birgit Murba­cher-Sanna und Sandra Priesner

Frieda und Valerie standen am Bahnhof. Valerie fing an zu quen­geln, da sie nicht warten wollte. Plötz­lich kam die Durch­sage, dass sich der Zug um 40 Minuten verspäten würde. Frieda bekam die Krise. Ihre Reise würde 40 Minuten später beginnen. Valerie freute sich schon wie eine Schnee­kö­nigin auf das Geburts­tags­fest. Nach langer Zeit, würde sie ihren Vater dort wieder­sehen.
Nun würden sie einen wich­tigen Teil der Feier versäumen.

Frieda schnäuzte sich die Nase. Valerie hatte die Durch­sage von der Verspä­tung gar nicht mitbe­kommen. Aber Frieda fürch­tete, dass sie auch den Anschlussbus versäumen würden. Der Konflikt war vorpro­gram­miert. Wieder würde sie zu spät kommen…. Ihr Handy klin­gelte, als ein  mit lautem Tosen am anderen Bahn­steig einfuhr. Der starke Luftzug riss Frieda die Tasche mit dem Handy aus der Hand. Diese fiel auf die Gleise und verschwand unter dem fahrenden Zug. Valerie
sprang zur Seite und schrie laut: „Da war sicher der Papa dran!“ Panik stieg in Frieda auf. Wie sollte sie nun ihren Exmann über die Verspä­tung infor­mieren? Die Familie ihres Mannes hätte wieder einen Grund zum Lästern.

Frieda sah sich mit gehetztem Blick um. Valerie heulte laut. Der feste Hände­druck ihrer Mutter tat ihr weh. Die anderen Leute beach­teten sie nicht, denn sie starrten nur auf ihr Smart­phone und warteten auf die nächste Durch­sage. Wen sollte sie um Hilfe bitten?

Sollen sie doch alle blöd reden, dann kommen wir halt einfach zu spät!“ sagte sie zu Valerie. Diese schrie: „Ich will aber jetzt zu meinem Papa! Du bist schuld!“

Diese Vorwürfe kannte Frieda nur zu gut. Ständig hatte sie Valerie in der letzten Zeit die Situa­tion zu erklären versucht. Entnervt fuhr sie ihre Tochter an: „Es geht halt nicht immer nur nach deinem Kopf!“ Daraufhin schrie Valerie noch lauter. Frieda schmerzte der Kopf. Da entdeckte sie einen Regen­schirm aus dem Mist­kübel ragen. Das Ding war kaputt, hatte aber einen gebo­genen Griff. Nun kam Frieda eine Idee: „Mit diesem Regen­schirm können wir die Tasche von den Gleisen angeln!“ sagte sie. Valerie hörte auf zu weinen. Frieda schnappte sich den Schirm und legte sich flach auf den Boden, nachdem sie Valerie aufge­tragen hatte, auf den Koffer aufzu­passen. Es war einfa­cher, als sie dachte, die Tasche von den Gleisen zu fischen. Gott­sei­dank war das Handy noch intakt, auch wenn ihr gläserner Talisman zerbro­chen war. Ein Geschenk ihres Mannes.

Frieda igno­rierte die erstaunten Blicke der anderen Fahr­gäste, die Aufmerk­sam­keit war ihr nun sicher! Valerie klatschte begeis­tert in die Hände. Für kurze Zeit war ihr Kummer vergessen.

 

Dieser Text ist im Rahmen des Online-Work­shops „Schreiben in Zeiten des Umbruchs“ entstanden.