Boshaft? Neeeiiin! 4
Texte von Elisabeth Kofler
NOVEMBER, MEIN NOVEMBER
Ich liebe es, wenn der Sommer endlich geht. Und wenn der Herbst gegangen ist, wenn es dann November wird und all das bunte Treiben verschwindet.
Endlich ist der Himmel tief und keine Das Grau durchbrechenden Drachen steigen mehr auf. Kein aufdringliches Kinderlachen mehr. Die sind in der Schule, wo sie hingehören.
Wie schön ist es doch, wenn die Bäume diese kalte Noblesse ausstrahlen und es auf den Straßen nach Mausoleum duftet.
Wie schön die graue Plane anmutete, die den Pool von Klaus und Bernadette bedeckt. Endlich ist dem Geplansche und Getue, dem anmaßenden Ausdruck der Freude ein Ende gesetzt.
Ich mag es, endlich nicht mehr alleine zu sein. Wie schön, wenn allnovemberlich die Mäuse, die Silberfischchen, die Kellerasseln und Spinnen von ihrer Sommerfrische zurück meine Wohnung kommen.
Wie gut es meinem vom Sommer verwöhntem Immunsystem tut, das U‑Bahn-Fahren. Mit den kränkelnden, hustenden, schnupfenden Menschen.
Endlich lassen das Radfahren sein und wenden sich der grauen, wabernden, warmen Masse zu. Stopfen sich schiebend und drängend in die kleinen, engen Waggone. Welch schönes gemeinschaftliches Erleben, ohne die Angst, dass einer einen anredet.
Mit dem Geruch, der nach so einer Fahrt an mir haftet, der Geruch nach nassen Schuhen und eingetrocknetem Schweiß, der Essenz des Menschlichen, öffne ich meine Wohnungstüre, freue mich, dass mir abhärtende Kälte entgegen schlägt, mich wach hält.
November – mein November, Heinrich Heine, du sprichst mir aus der Seele.
MANIFEST
Mani ist ein mannigfaltiger Mann,
mag Mannerschnitten dann und wann.
Doch Obacht! Er scheut den Müßiggang!
Der ist, wie man weiß, aller Laster Anfang!
Das ging soweit, das Mani schrieb darauf einen Abgesang
Nicht auf den Müßiggang, auf die Schnitten, Mann!
Die Schnitte, die reichlich in der Mitte
gefüllt mit Haselnusskakaocreme … ich verbitte
mir diesen Gedanken, denkt der Mani.
Weg mit diesen verführerischen Neapolitani!
Die Waffeln? Hinfort! Alle! Selbst der allerletzte bröselige Rest.
Was dann bleibt?
Manis mannerschnittenfreies Manifest.
SPIELZEUGGEWEHR: BUB ENTWAFFNET
Es kriselt nicht erst seit kurzem bei der österreichischen Polizei. Nach Vorwürfen zu übertriebenem Einsatz von Gewalt und Abschiebung Minderjähriger folgte am vergangenen Samstag ein weiter schwerer Fehler der Exekutive.
Im 15. Wiener Gemeindebezirk wurde ein 8jähriger Bub, der mit einem Plastikgewehr spielte, von einem Polizeibeamten verbal attackiert und zu Boden gerungen. Die Eltern und der 5jährige Bruder sahen tatenlos zu.
Sie wollten den Sohn zum Pazifismus erziehen. „Learning by Doing“, sagte der 43jährige Vater, der sich durch den Ausgang seines innerfamiliären Sozialexperimentes bestätigt fühlt.
Innenminister Karl Nehammer sprach von einem unglücklichen Vorfall und wies in einer Presseaussendung darauf hin, dass Gewehre kein Spielzeug sind. Neos und SPÖ fordern ein generelles Spielzeugwaffenverbot, während Herbert Kickl von der FPÖ sich für liberalere Waffengesetzte für Minderjährige einsetzt. „Wäre der Vater gleich mit dem Burschen auf den Schießstand gegangen, hätten wir uns das alles daspart.“
BARBIE
Als Kind hatte ich keinen Puppenwagen. Auch keine Puppe.
Nur Barbies, die mochte ich. Eine Hula Hair und eine Hollywood Barbie. Damals legte sich ein dubioses Frauenbild über meinen Horizont. Wahrscheinlich merkte ich das, denn ich entschied, eine der Barbies zum Manne zu machen. Aus einer Laune heraus schnitt ich der Hollywood Barbie die Haare, rasierte ihr mit einem Skalpell die Augenbrauen und Lippen ab und nannte sie „Zach“. Mit schwarzem Fineliner malte ich ihr Bartstoppeln und buschige Augenbrauen. Der Busen aber stellte mich vor eine Herausforderung.
Mein Papa ist ein Handwerker und er hatte eine Schleifmaschine. Er führte eine Brustamputation durch. Was ich nicht bedacht hatte und Papa auch nicht, war, dass so ein Barbiekorpus innen hohl ist. Statt der aufrecht stehenden Brüste starrten mich 2 Löcher an. Enttäuscht betrachtete ich Zach, so wollte ich den nicht. Papa war ein Mann der Lösungen, kramte in den Untiefen seiner Werkstatt und 5 Minuten später hatte er Zach mit Silikon ausgefüllt und seine Tochter glücklich gemacht.
Nun, da wir ein Barbiemandl hatten, das auf die Hula Hair Barbie aufpasste, konnten die zwei ja einen Badeausflug machen, beschlossen meine kleine Schwester und ich und schmissen sie in den Ententeich. Zach kippte vornüber, sein silikongefüllter Torso war schwerer als seine Gummibeine. Die standen wie 2 Bojen nach oben, sonst war nichts zu sehen. Wir Schwestern fanden das so amüsant, dass wir beschlossen, auch die Hula Hair Barbie einer Geschlechtsumwandlung zu unterziehen. Während wir uns nun dieser Transformation widmeten, widmeten sich unsere Gänse Zach. Als wir zurückkamen, hatte Zach nur noch Stumpen, statt Beine. So wurde das Barbiemandl zum Kriegsveteranen und hieß von diesem Tage an Lieutenant Zach.
Die Texte von Elisabeth Kofler sind im Schreibworkshop „Der boshafte Blick. Ironie – Parodie – Satire“ bei Britta Mühlbauer entstanden.