Corona. Bitter. Bös (Teil 1)

Ein Corona-Tage­buch von Erika Kronabitter

Tote, tausende Tote. Wuhan ist Sperr­zone.
Wenn auf einmal alles anders ist. Ist das real? Unsere Köpfe einge­packt wie in dumpfe Watte. Ist das real?
Auch die letzte Grippe hat tausende Tote gefor­dert. Allein in Deutsch­land. Ich sehe keinen Grund zur Sorge. Voll­kom­mene Über­re­ak­tion. Das neue Virus wird völlig über­be­wertet.
Trotzdem: Die Bilder im TV erzeugen Aufruhr. China.
Zuerst China, Ausgangs­sperre. Massen­kran­ken­lager in über Nacht einge­rich­teten Zelt­hallen. Kran­ken­zelt­hallen. Sperr­zone. Kein Hinaus und kein Hinein. Kein Auto. Kein Flug­zeug. Chaos. Wir schauen und schauen. Ungläubig. Entsetzt. Die Mensch‘n mach‘n Hams­ter­ein­käufe. Fotos mit‘m Handy. Gestern schon war das Klopa­pier bei Hofer und Aldi ausver­kauft. Über WhatsApp kommen kleine Video­nach­richten. Super­märkte sperr‘n den Eingang. Die Polizei riegelt die Geschäfte ab. Davor wartende Menschen mit leeren Einkaufs­wägen. Raus­ge­sperrt. Gegen die Hams­ter­käufer. Gier­schlünder.
Die Regie­rung beru­higt. Verbreitet Botschaften. Achtung Anste­ckung. Aber: Keine Sorge. Versor­gung ist gewähr­leistet. Die Mensch‘n mach‘n Hams­ter­ein­käufe. Lass’n sich nicht abhalt’n. Klopa­pier in Mengen, rauen Mengen. Die Beru­hi­gung in den Medien. Die stän­dige Beru­hi­gung durch die Poli­tiker. Die Beru­hi­gung beun­ru­higt. Mehr und mehr. Langsam denke ich: Sollten nicht auch wir? Nein, in einer Woche fahren wir ins Unter­engadin. Keine Hams­ter­ein­käufe. Viel­leicht ein Sicher­heits­paket für alle Fälle. Ich google. Ein biss­chen kann man sich ja informier’n. Nur ein biss­chen. Mal schau’n, was sowas kostet. Die Über­le­bens­pa­kete der Schweizer Armee sind derzeit ausver­kauft. Also doch. Auch die Schweizer. Die Schweizer wissen genau, warum. Warum sie sich einde­cken. Eine WhatsApp-Nach­richt. Ein Alter stapelt alle Eier­pa­ckungen aus dem Kühl­regal in seinen Einkaufs­wagen, schnappt die letzte Packung, reißt sie regel­recht an sich, vor der Nase der jungen Frau mit Kind.
Habt Ihr auch viel einge­kauft, fragt eine Freundin? Ja, sage ich, in jedem Zimmer haben wir zwei­hun­dert Hamster. Die füttern wir und wenn es soweit ist, haben wir täglich einen Hamster zu essen. Wie lange darf man Witze machen?

Erika Kronabitter, 27. März 2020

mehr zu Erika Kronabitter