Dank­bare Gelassenheit

Texte von Sylvia Knapp

Senio­rInnen Gelassenheit

Die U‑Bahn bringt mich regel­mäßig auf die Palme, warum? Die Menschen oder eine große Anzahl von ihnen, benimmt sich eigen­artig, präpo­tent, unan­ständig, rück­sichtslos. Das fängt bereits beim Ein- und Aussteigen an. Da passieren Kolli­sionen zwischen Tür und Angel. Gedrängel ist ein Hilfs­wort dafür. Kaum ins Wagen­in­nere gestürmt, sieht man ihnen die Unent­schlos­sen­heit der Platz­wahl an. Endlich, egal ob Sitz- oder Steh­platz ergat­tert, flutsch, der Griff zum Handy und der Kopf knickt um eine Etage tiefer ein. Bei Alt und Jung, immer gleich. Oder, Mann/Frau/Kind und Kegel steigt schon mit Handy in der Hand sieges­si­cher ein. Im besten Fall ist das „Heiligtum“ zwischen Hals und Ohren einge­klemmt. Na, da kann’s schon mal vorkommen, dass so ein Sprech­gerät runter fällt. Das erfreut dann meine Gelas­sen­heit ungemein.

Ausster­bende Exem­plare, so wie ich, die in der U‑Bahn gerne Bücher lesen, sind stark gefährdet. So kann es passieren, dass im Gewusel der Platz­suche, das Papiergut aus der Hand geschubst wird. Falls dies jemand bemerkt, aber es schaut ja eh keiner, kommt ein erschro­ckenes Mund­ver­ziehen. Fazit: unterm Strich, es ja wurscht, wozu aufregen, es ändert ja doch nichts, oder?

 

Brief an meine Nachbarin.

Liebe Eva, gestern als ich von meiner Lauf­ein­heit aus dem Prater völlig erschöpft und glück­lich heimkam, hing wieder ein Sackerl an meinem Türknopf. Dieser Anblick erfreut mich jedes Mal aufs Neue. Bevor ich mich dem Inhalt widmete, sprang ich zuerst in die Dusche. Nachdem ich wieder ein sauberes Mädchen und der Kaffee fertig war, rückte ich deinem Sackerl zu Leibe. Herr­lich, welch eine Über­ra­schung und was für ein Geschenk. Zwei Varia­tionen an, für Pferde noch nicht geeig­nete Brot­scher­zerl kamen zum Vorschein. Ich danke dir von ganzem Herzen, deine Brot­reste sind will­kom­mene und munden jedes Mal hervor­ra­gend. Geschenke für mich. Ich werde bei den Pferden im Prater Abbitte tun. Liebe Grüße, deine dank­bare Nachbarin.

 

Die Texte von Sylvia Knapp sind im Work­shop „Schreiben mit Senio­rInnen“ mit Erika Kronabitter entstanden.