Erotisch schreiben 2
Texte von Petra Freynhofer
Schreibimpuls: „Wenn man verliebt ist …“
Wenn man verliebt ist, hört man beim Küssen Musik, obwohl man sich normalerweise gegen billige Klischees wehrt.
Wenn man verliebt ist, starrt man nach 5 Sekunden schon wieder auf sein Handy, der Nachricht harrend, die man zu erhalten hofft.
Man starrt wie eine Drogensüchtige auf sein Handy, obwohl es gar nicht stumm geschalten ist, obwohl es bling machen würde, macht es aber nicht.
Daher muss man nach 5 Sekunden nochmal nachschauen, weil vielleicht ist ja der Akku leer, dabei hab ich vor 5 Sekunden gesehen, dass der Akku bei 80% ist.
Aber der Akku muss leer sein, wenn er nicht schreibt.
Wenn man verliebt ist, und der andere nicht, dann schreibt er halt auch nicht so gerne, wie man selbst.
Dann ist der andere wie Kokain und man selbst auf Entzug. Dem Kokain ist das wurscht, wenn’s einen herreißt.
Wenn man verliebt ist und der andere nicht, dann ist es besser, es früher zu wissen als später. Wie beim Entzug, damit startet man auch besser früher als später.
Wenn man verliebt ist und der andere nicht, lässt man ihn gehen.
Und wenn einem die Pumpe den Dienst zu versagen droht, lässt man ihn trotzdem gehen.
Man verletzt sich selbst, wenn man verliebt ist, so wie Johnny Cash in Hurt, oder die Nine Inch Nails. Weil „Everyone I know, goes away in the end.“
Man hört Musik, wenn man verliebt ist, ob man will oder nicht.
Schreibimpuls: „Erotischer Text, in dem Essen und/oder Trinken eine Rolle spielen“
Viktor steht auf der anderen Seite meiner Küchentheke, die als Barriere für unsere Unsicherheit dient. „Magst du Weißwein?“ frage ich ihn. Meine Stimme zittert ein wenig. „Gerne.“
Er schenkt mir sein breites Grinsen. Fast als hätte er breites Grinsen erfunden, tut er. Und es funktioniert. Ich schmelze.
„Magst du lieber einen Cuvée oder einen Veltliner? Sind beide vom Neusiedlersee.“
Ich erwähne nicht, dass ich die mit meinem Ex gemeinsam gekauft habe.
„Ich lasse der Dame die Wahl.“
Klassisch Gentleman. Meine Güte! Wieder dieses Grinsen. Ich vermute, er ist auch verunsichert. Immerhin meinte er, er tut so was sonst nicht. Sich mit Frauen zum Sexdate treffen. Dabei wollte ich nur einen Billardbuddy, fand ihn anfangs gar nicht interessant. Und jetzt hab ich weiche Knie.
Ich wende mich wieder dem Wein zu, es wird der Veltliner, beschließe ich und atme auf. Schraubverschluss. Nicht, dass ich keine Korken ziehen könnte, immerhin bin ich Frau sowas von selbst, auch ohne korkenziehenden Mann.
Trotzdem ist mir der Korkenwahnsinn schon öfter weggebröselt.
Man stelle sich das mal vor, in dieser Situation. Erstes Sexdate, extra Dessous gekauft, gut unterm sehr femininen Outfit versteckt und dann Bröselkorken. Also, uff! I
Gekonnt schenke ich Viktor ein, dieses Siegerlächeln will einfach seinen Mund nicht verlassen. Das aromatische Rauschwasser gluckert charakteristisch, schnell noch mein Glas, dann kann ich endlich trinken. Mit der Hoffnung auf Befreiung oder besser Ertränken der Schmetterlinge in meinem Magen, stoße ich sanft mein Glas an seines und führe den kühlen Rand an meine Lippen. Wow, der ist richtig gut!
Und was auch richtig gut ist, ist das Bild, das sich mir bietet, als Viktor, der große Eroberer meines Herzens, sein Glas an diese vollen Lippen legt und genüsslich den Wein über seine Zunge laufen lässt. Weil ich mich nicht dagegen wehren kann, wandert mein Blick zu der Stelle, an der das Glas seinen Mundwinkel kreuzt. Diese Stelle, die ich seit Wochen küssen möchte. Oh nein, wie kann ein Mensch allein bloß so heiß sein?
Ich klammere mich verzweifelt an mein Glas, lecke fremdgesteuert über meinen Mund und kaue auf meiner Unterlippe. Ich spüre seine Blicke und bin fasziniert von diesem Wesen, das da an meiner Theke steht.
Betont langsam stellt er sein Glas ab, ohne mich aus den Augen zu lassen. Betont langsam geht er um die Theke herum, nimmt mir den Wein – meinen Sicherheitsanker – aus der Hand und lächelt. Was sonst. Man würde denken, irgendwann nervts, aber ich finde ihn unwiderstehlich. Er zieht mich in eine Umarmung und ich lege meinen Kopf an seinen Brustkorb. Ach ich mag große Männer!
Leider ist dieser nicht zu haben, nur für dieses eine Date. Was soll’s. Ich nippe am Veltliner, er lässt mich vergessen, dass ich verliebt bin, eine Beziehung will. Dieses köstliche Elixier flüstert mir ein, dass es besser ist, diesen grinsenden Hünen einmal gehabt zu haben und kurz zu leiden, als gar nicht.
Heute denk ich, trotz Schmerz, er hatte schon recht, der Veltliner.
Die Texte von Petra Freynhofer sind im Workshop „Erotisch schreiben“ mit Martin Peichl entstanden.