Epik

Texte von Alex­andra Schneider und Chris­tine Corlett

Alex­andra Schneider

Meine Prot­ago­nistin und ich

Ich setze mich auf einen der beiden Stühle an den Ecktisch in der Küche meiner Prot­ago­nistin. Du schiebst mir die damp­fende Teetasse zu.
„Du!“
„Ja?“
„Ich muss mit dir reden.“
Ich blicke dich an. Was kommt jetzt wohl?
„Gestern hast du mir erzählt, was in dem Work­shop passiert.“
Ich nicke. „Ja, und? Was ist damit?“
„Pah. Ehrlich.“ Du wickelst eine deiner Haar­strähnen um den Finger. „Ich bin jetzt schon nervös. Bis jetzt habe ich nur dir meine Geschichte erzählt. Und jetzt erfahren es die anderen auch.“
„Da brauchst du dir keine Sorgen machen. Wir sind ja gemeinsam dort.“
Du nippst an deinem Kaffee­hä­ferl. „Hmm, hast ja wahr­schein­lich recht. Aber komisch ist es schon.“
„Das verstehe ich schon.“ Ich sehe dich lange über den Tisch im gedämpften Licht an. Du wärmst deine Hände am Häferl und siehst durch mich durch. Ich will dich in deinen Gedanken nicht stören. Die Stille wird immer bedrü­ckender. Ich räus­pere mich. „Aber etwas anderes. Hast du dir über­legt, ob du die Geschichte aus deiner Perspek­tive erzählen willst oder ob ich das für dich erzählen soll?“
Du blickst auf. Deine grünen Augen wirken matt. „Das ist echt schwierig. Habe lange über­legt, aber mir wäre es lieber, du erzählst es.“
„Dann haben wir wieder ein Puzzle­teil mehr. Ich bin schon gespannt, wo wir am Sonntag nach dem Work­shop mit Erika stehen.“
„Du lässt echt nicht locker.“
„Nein.“ Ich blicke dir in die Augen. „Du hast dich ja entschieden zu mir zukommen.“ Ich stehe auf und gehe die wenigen Schritte durch die Küche und werfe den Teebeutel in die Spüle.
Du blickst auf dein Handy. Ich warte. Du stöhnst auf und drehst dich zu mir.
„Wo machen wir weiter? Wir müssen noch viel recher­chieren“, sage ich zu dir.
„Du brauchst auch wirk­lich immer einen Plan, oder?“
Voll­treffer! Ich schlucke und setze mich wieder zu dir. „Ja, eigent­lich schon. Das beru­higt mich. Aber ich kann dich auch beru­higen. In den letzten Wochen hast du schon mehr­mals meine Pläne durch­kreuzt.“
Jetzt lächelst du wieder. „Und du mich zu den abend­li­chen Treffen verdon­nert.“ Du stupst mich mit deinem Fuß unter dem Tisch an.
„Das kann ja noch span­nend mit uns beiden werden.“

 

Chris­tine Corlett 

DU – JA

Du soll­test in die Mayrö­cker-Ausstel­lung gehen

Ja, das hatte ich vor!

Und? Warum hat es nicht geklappt?

Warum warum – es war die Straßenbahn

Was hat die Stra­ßen­bahn mit der Mayrö­cker zu tun?

Die Stra­ßen­bahn ging nur bis zum Karlsplatz.

Nur für dich?

Ja

War wieder Hochwasser?

Nein.

Hä?

Kein Hoch­wasser – es war Ebbe.

Ich bitte dich.….

.…es war Ebbe …in meinem Portemonnaie

Der Eintritt im Lite­ra­tur­mu­seum ist erschwinglich

Soweit bin ich nicht gekommen

Ich verstehe nicht.…

Fahr­schein­kon­trolle.…

Ah. Wie blöd!

Ich hab‘ aussteigen müssen

Oje, daher keine Mayröcker

Kann man so nicht sagen

Entschul­dige?

Ich bin gelaufen. Vom Karls­platz bis zum Café Sperl.

Café Sperl?

Es war der Lieb­lings­café der Mayröcker.

Schön schön. Aber Café ohne Geld?

Stimmt!

Und?

Bin wieder raus­ge­flogen.
Aber der Mayrö­cker war ich ganz nah  – für wenige Minuten.

 

Die Texte sind im Schreib­work­shop “Epik” mit Erika Kronabitter entstanden.