Text und Bild/Text als Bild
Texte von Petra Kern-Hengl, Claudia Woitsch, Su Hahnl, Tobias March und Anja Benning mit Illustrationen von Andrea Zámbori
Petra Kern-Hengl
Zugfahrt mit A.
Er starrt auf sein Handy, sie schaut ihn an.
„Wirklich viele Stationen auf dieser Strecke.“ Sie steckt ihr Handy in die Hülle.
Es erscheint ihr kein schlechter Anfang. Ein Gespräch muss an einer Stelle beginnen.
A. streicht eine Haarsträhne aus der Stirn. Eine andere Bewegung noch als vor einem halben Jahr.
Der Zugbegleiter kommt. Sie holt ihre Fahrkarte aus der Tasche, A. zeigt sein Lehrlingsticket.
„Es gilt noch lange, bis August. Dann brauche ich ein Neues.“
Seine Worte kommen bedacht daher, in Abständen, vor allem am Anfang. Als wollten sie nicht aus dem Mund.
Doch dann stets ein Satzende. Nie ein Ausrufezeichen, immer ein Punkt.
Sie hat gelernt auf ihn zu warten. Vorfreude jetzt, fehlendes Zutrauen früher.
Sie würde es lieber ungeschehen machen. Nicht zu wenig Zeit, zu wenig Geduld.
A. blickt vom Handy auf und aus dem Fenster.
„Schon interessant, die Landschaft. Immer ähnlich, nie genau gleich. Jedes Mal ein neuer Ausschnitt.“
Claudia Woitsch
Erinnerung
Rau und furchig
nimm mich mit
ins Gestern
Staubperlen im Zwielicht
Anbrandender Purpur
raumgreifend
Schwefelgelbe Stalaktiten
wogen in der dunklen Grotte
flaumige Schwärze
kratzt an den
silbrigen Saum
Susanne Hahnl
weissschlafen
Wir
die auch dieses Mal
Wir
die auch dieses Mal
am Meer
ins Meer
die graugrünen Finderlinge
obtaucht haben
herangebeugt
obsorgt
angeliebt
im Meer die graugrünen Finderlinge
Es hätte ein Traum werden können
Das Meer war dunkelrot
Nichts darzusehen
zurückzuhören
wiederzuspähen
fluchen schaudern ängstigen
bombardieren töten gebären
weissschlafen
Es hätte ein Traum heransein können
Bald zu lesen in: kollektiv22 (2023): Lastenaufzug ins Blau. fabrik.transit. Wien.
Tobias March
Brigitta: Fleisch
„Kommt essen!“, rufe ich durch die Wand. Nach dem dritten Mal kommen sie jetzt also beide geschlossen, geeint in ihren Entscheidungen. Olli ist zu seinem Vater spielen gegangen, nachdem er mir in der Küche seine Meinung gesagt hat. Beide sind gut in Computerspielen. Ist ja auch modern. Typisch ab ins Wohnzimmer. Der Vater ist cool, weil er sich auskennt. Weil er alle Spiele kennt. Weiß, was ab geht bei der Jugend. Mein Sohn mit 30 passt da auch nicht mehr rein. Aber egal. Man muss auf die Bedürfnisse der Jungen eingehen können. Mein Sohn ist schon lange erwachsen.
Ich stelle den Eintopf auf den Tisch. Für Olli habe ich extra ein paar Speckwürfel aus dem Kühlschrank geholt und auf seinen Platz gelegt.
Lange habe ich das Essen vorbereitet. Habe nachgewürzt und abgeschmeckt. Ich versuche gesund zu kochen, abwechslungsreich. Es gibt schon Fleisch. Aber nicht jeden Tag. Und Olli hatte diese Woche bei mir schon dreimal Fleisch. Ich versuche ihn ausgewogen zu ernähren. Obwohl das mit 59 Jahren nicht mehr meine Aufgabe wäre. Ich versuche immer Anteile von frischem Gemüse vom Wochenmarkt in den Speiseplan zu inkludieren. Heute ist mir das Essen wieder gut gelungen, es ist gut gewürzt, kräftig, aber nicht zu scharf. Eine stärkende Mahlzeit, heute einmal ganz ohne Fleisch. „Wie schmeckt es euch?“, frage ich in die Mittagsrunde. Lucá nimmt demonstrativ die Pfeffermühle: „Es schmeckt nach nichts, Brigitta“. Bei jedem neuen Wort, das er ausspuckt, dreht er die Pfeffermühle. Eine schwarze Wolke breitet sich über dem Eintopf aus. „Außerdem wollte Olli Fleisch. Mach mal wieder was mit Fleisch.“
Ich koche auf 180 hoch. „Ich mache sehr oft Fleisch und wenn ich schon für die ganze Familie kochen muss, dann isst man auch gefälligst, was da ist. Ich muss immer alles alleine machen. Und hast du gehört, wie der mit mir geredet hat.“
„Schrei deinen Mann nicht so an, Brigitta. Was fällt dir ein! Er will es so und ich auch. Versau nicht jedes Essen.“
Auszug aus dem Roman-Manuskript „Ein Sommer in Kroatien“
Anja Benning
Ha!
Ha!
Hermes heult herzzerreißend.
Hunderte hübsche Heulsusen hetzen himmelwärts
hinterher
H2O hagelt herab, haufenweise heftig
Himmelarschundzwirn, hundert hellblaue
Hutschpferde hin
hüten hinfällig
Hoppala, hoher Hochstand, Hitzkopf Hugo hängt
hilflos herab
Hose hemmt Herabstürzen
Herrje, Hosensack halb herausgerissen Heldinnenhaft
holt hübsche Hermine Hilfe
Huch, Hiobsbotschaft
Helfer Hochgebirge Handyempfang Holler Hoffnung
hinweg
Heldin Hemma halblanges Haar herrliches
Honigbrot
Hinwegdösend hinter Historienroman
Hängematte
Die Texte/Bilder sind im Schreibworkshop „Text und Bild/Text als Bild“ mit Günter Vallaster und Andrea Zámbori entstanden.