Trudis Zorn und Uns > Du|Ich

Texte von Daniela Pokorny aus MOSAIK

Trudis Zorn

Prächtig thront das rosa Trut­hahn­haupt auf Trudis Hals,
schmächtig ist Omas Magd auf Trut­hahn­jagd und stürzt.
Bald wird Luft und Raum ihr knapp, sag doch ab, dies Truthahnjagd!

Wald und Bach ist Trudi nah, gibt ihr Kraft, so stark.
Ach, Graus, ihr Kopf küsst Axt und fällt – so traurig!
Wir, Biss um Biss, nun faulig, traurig, trudilos.
Trudis Wut und Zorn vom Thron –
Fraß dich Vokal und bracht mir statt
Lohn nur noch dich, kühl­rosa Hohn!

 

Uns > Du|Ich

Gestern traf ich dich, mein stei­nernes Kalb. Du standst in der prallen Sonne, nur du und ich. Langsam näherte ich mich dir. Dein Kopf blieb gesenkt. Meine Hand strich sanft über deine raue Haut. Ich ließ sie lange auf dir ruhen. Mit jeder Minute strömte dein stei­nerner Hauch tiefer in mich. Mein Körper löste sich auf, um in dir aufzugehen.

Worte Kopf Mensch Sonne
Tage Sonne Mensch ich
Tage Du Mensch ich Sonne
Du Sonne ich tage Mensch

Zunge.
Zunge spürt.
Zunge spürt Leben.
Wir verab­schie­deten uns.
Ich stieg aus uns und wurde ich.
Morgen treffe ich dich, mein stei­nernes Kalb.

 

Weitere Texte von Daniela Pokorny finden sich in der Lehr­gangs­pu­bli­ka­tion „Mosaik“ (heraus­ge­geben von Martina Bach­trögler und Sabine Wagner-Fass­mann), die im März 2019 bei Fabrik Transit erscheint und bei der Abschluss­le­sung am 16. März im Café Museum präsen­tiert wird.

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Daniela Pokorny

Geboren 1984, Lingu­istin, Schreib­trai­nerin und Erzäh­lerin.
Widmet sich den verschie­densten  Ausdrucks­formen von Sprache(n): von münd­lich bis schrift­lich, von verspielt bis ernst­haft, Miss- und Unter­töne erlaubt, Humor willkommen.

Sie ist Teil­neh­mende des Lehr­gangs Schreib­päda­gogik 2018/2019.