Schreiblust – oder wie die Wiener Schreibpädagogik mein Leben veränderte
Erfahrungen von Sabine Rädisch
Es begann mit einem Traum: Ich war vier Jahre alt und wachte auf, bevor die spannende Geschichte endete. Also dachte ich mir eine Fortsetzung aus. Seitdem erfinde ich Geschichten. Das Schreiben im wörtlichen Sinne lernte ich erst später, in der Schule.
Zwischen Brotjob und Berufung
Da Schriftstellerin kein Ausbildungsberuf ist, wurde ich erst einmal Bauingenieurin, doch etwas fehlte: Gleichgesinnte und Geschichten. Nachdem ich zum ersten Mal in München an einer Schreibgruppe teilgenommen hatte, stieß ich im Internet auf die Wiener Schreibpädagogik. Besuchte den Workshop „Schreiben aus dem Unbewussten“ bei Waltraud Lorenz und die ersten Kurse. Wusste schnell: Das ist es!, und schaufelte Geld und Wochenenden für den gesamten Lehrgang frei.
Vom Schreiben zur Gruppenleitung zur Schreibberatung
Endlich war ich unter Menschen, für die das Schreiben so normal (und manchmal auch notwendig) ist wie das Atmen. Die Ausbildung förderte meine Entwicklung als Schreibende und führte, Überraschung!, dann zu dem Wunsch, selbst Schreibimpulse anzubieten. Seit 2011 leite ich nun Schreibkurse an der Volkshochschule Regensburg und anderswo. Es macht mir Freude, Menschen zu inspirieren und ins Schreiben zu bringen – noch bevor es ans Handwerkliche geht.
Im Zusatzstudium Schreibberatung an der Pädagogischen Hochschule Freiburg lernte ich schließlich mehr über Schreibforschung, Schreibstrategien und was man tun kann, wenn der Schreibfluss stockt. Während im Wiener Lehrgang intensiv und gewinnbringend über Texte gesprochen und das Schreiben selbst gefördert wurde, steht bei der Schreibberatung das „Sprechen über Schreiben“ im Vordergrund, um den eigenen Schreibprozess zu reflektieren und, wenn nötig, zu verändern.
Das eigene Schreiben ernst nehmen
Ob in der Gruppe oder Einzelberatung: Ich bin immer wieder überrascht, welche Geschichten und Gedanken in jedem Menschen schlummern. Oft braucht es eine innere Erlaubnis, sie auch zu erzählen, sie schreibend zu gestalten – dann kommt der Stein ins Rollen. Auch bei mir war es so: Als ich begann, mein eigenes Schreiben ernst zu nehmen – also mich mit anderen Schreibenden zu vernetzen, mich fortzubilden und zugunsten des Schreibens meinen Brotjob zu reduzieren – tat sich eine neue Welt auf.
Inzwischen habe ich zwei Romane veröffentlicht, und im März 2019 erschien im Kösel-Verlag Das Schreiblustbuch. Dichten, kritzeln, mit Worten spielen – ein Buch mit 50 Schreibimpulsen, entwickelt mit meiner Co-Autorin Petra Teufl.
Sabine Rädisch, März 2019
Sabine Rädisch ist Absolventin des Lehrgangs 2010/2011.