Das war der Literatursalon am 15. Juni 2019
Am bisher heißesten Tag dieses Sommers finden sich die Gäste zum Literatursalon ein und versammeln sich im abgedunkelten BÖS-Atelier. Günter Vallaster eröffnet den Abend und stellt die Lesenden Juliana Kaminskaja und Olessja Bessmeltseva und einige ihrer literarischen Werke vor. Der BÖS war in St. Petersburg und jetzt kommt St. Petersburg zum BÖS!
„Einen Bericht über die zeitgenössische Literatur Russlands“ habe Juliana Kaminskaja vorbereitet, „aber, weil Berichte eher langweilig sind: in Form eines Märchens!“ Inspiriert von Heines „Deutschland. Ein Wintermärchen“ erzählt sie „Russland. Ein Sommermärchen“, damit es auch zur Jahreszeit passt. Es ist eine Geschichte über drei Riesen, sowjetische Literatur, Untergrundliteratur und Exilliteratur, über Dorfprosa und Stadtpoesie, über stolze Bücherbesitzer und ihre Sammlungen und den prophezeiten Kollaps des Romans im 20. Jahrhundert.
„Wer von den beiden der Prosa-Schreiber ist, kann man sich denken“, verrät sie den ZuhörerInnen, während der Beamer Fotos von russischen SchriftstellerInnen an die Wand wirft. So wie den KünstlerInnen ihre Werke ins Gesicht geschrieben scheinen, geben sie selbst dem Bericht über ihr Heimatland ein Gesicht. „Nicht nur wir betrachten die Poesie, sondern sie schaut auch uns an.“
Vorgestellt von Juliana Kaminskaja als zeitgenössische Schriftstellerin, die man sich vor dem Hintergrund der drei Riesen denken soll, bereitet Olessja Bessmeltseva ihre Lesung mit einem Xylophon, einem Kazoo, einer Flöte und einem Gitarrenstimmgerät vor. Als musikalischer Vorspann ertönt ein Donner, woraufhin Olessja Bessmeltseva (blitz!)schnell die Tischlampe einschaltet und zu lesen beginnt. In ihren Gedichten geht es um „S“ oder „Es“, um „L“ oder „El“ und „Wechsel“, „Deichsel“, „Excel“, um Liebe und um Schnecken; oder jedenfalls Gedichte in Form von Schnecken.
Dann stellt sie ihr Mutterland in Form von Verboten „Nicht berühren!“, „Nicht rauchen!“, „Kein Fett zu Fastentagen!“, „Kein Versagen!“, „Kein Alkohol am Steuer!“, vor und wirft sich dabei ein Absperrband um den Hals wie einen Schal oder eine Schlinge.
Mit dem Xylophon stellt sie die Wünsche, Knochen, Worte, Gefühle des Menschen vor, mit dem Kazoo eine Fliege und mit dem Gitarrenstimmgerät das Sommerwetter.
Trotz Hitze hat sich ein interessiertes Publikum versammelt, um gemeinsam Gedichte und Geschichten zu hören, über Anekdoten der russischen Literatur zu lachen und eine Papierschwalbe fliegen zu lassen. Im Ausklang versammeln sich alle um das Buffet, das von Britta Mühlbauer mit Erdäpfelkas, Marillenkuchen und Wassermelone zusammengestellt wurde, um sich zu unterhalten und ein letztes Gruppenfoto zu machen.
Laura Nußbaumer, Juni 2019
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Fotos: Peter Bosch und Günter Vallaster