Ein Gedicht, dieser Wundergecko

Ein Inter­view mit Astrid Nischkauer

Wie eine Idee zu einer Reihe wird, wo man sich für Gedichte inspi­rieren lassen kann und warum sie ihr Leben sind, erzählt Autorin Astrid Nischkauer.

BÖS: Sie haben die Lite­ra­ri­schen Selbst­ge­spräche erfunden. Wie haben wir uns die Entste­hungs­ge­schichte vorzustellen?

Astrid Nisch­kauer: Das Lite­ra­ri­sche Selbst­ge­spräch ist im Prinzip ein Inter­view ohne Fragen. Entstanden sind die Selbst­ge­spräche immer bei einem persön­li­chen Treffen mit mir und es gab von meiner Seite keinerlei Vorgaben in puncto Inhalt und Länge. Während des Selbst­ge­sprächs habe ich keine Fragen gestellt, nicht unter­bro­chen und einfach nur aufmerksam zuge­hört. Im Anschluss daran habe ich alles tran­skri­biert und die Selbst­ge­spräche sind dann in schrift­li­cher Form erschienen. Die Auswahl, wen ich einge­laden habe, habe ich immer mit großer Sorg­falt getroffen. Und auch wenn ich beim Selbst­ge­spräch selbst nichts sagte, fiel dafür umso mehr Vorbe­rei­tungs- und Nach­be­ar­bei­tungs­ar­beit an. Meist waren die tatsäch­li­chen Selbst­ge­spräche einge­bettet in ein langes, ange­regtes Gespräch und von einer oft über eine lange Zeit gehenden Ausein­an­der­set­zung meiner­seits mit dem Werk meines jewei­ligen Gegen­übers begleitet.

Die Idee zu den Lite­ra­ri­schen Selbst­ge­sprä­chen kam mir in Gesprä­chen mit Autoren­kol­legen und –kolle­ginnen, weil mir irgend­wann auffiel, dass man oft viel mehr und Über­ra­schen­deres zu hören bekommt, wenn man schlicht und einfach zuhört, als wenn man gezielt Fragen stellt. Die Idee habe ich dann eine Weile mit mir herum­ge­tragen und dann irgend­wann Juli­etta Fix von fixpoetry.com erzählt, dass ich eine Idee für eine neue Reihe hätte, die ich gerne als Expe­ri­ment starten würde, weil ich selbst nicht abschätzen konnte, ob die Idee dann auch tatsäch­lich aufgehen und tragen würde. Ja, rück­bli­ckend kann ich das sagen: Von 2014 bis Ende 2020 sind 49 Selbst­ge­spräche auf fixpoetry.com veröf­fent­licht worden. Jedes anders, jedes auf seine Weise uner­wartet. Im Herbst dieses Jahres werden die Lite­ra­ri­schen Selbst­ge­spräche in Buch­form im Klever Verlag erscheinen, was mich sehr freut.

BÖS: Welches lite­ra­ri­sche Genre ist Ihnen am nächsten?

Astrid Nisch­kauer: Das ist einfach und ganz klar zu beant­worten: die Lyrik. Und selbst wenn ich rezen­siere oder über­setze, dann vorwie­gend Gedichte. Gedichte sind mein Leben. Ein Gedicht kann die Welt enthalten, in all seiner Kürze, verdichtet auf das Wesent­liche. Und neben Gedichten schreibe ich auch Kurz­prosa und Drama.

BÖS: Was werden die Gäste des Lite­ra­tur­sa­lons von Ihnen hören?

Astrid Nisch­kauer: Beim Lite­ra­tur­salon werde ich aus meinem neuesten, eben erst erschie­nenen Gedicht­band „du Wunder­gecko“ lesen (Köln: para­si­ten­presse, 2021). Es ist mein vierter Gedicht­band und es geht darin um Kunst­werke in Wiener Museen. Damit ist der Band in gewisser Hinsicht ein Folge­band zu meinem vorher­ge­henden, 2018 erschie­nenen Gedicht­band „Satyr mit Thun­fisch“, dann aber wieder ist er auch ganz anders, zumin­dest für mich. Der erste Lock-Down im Früh­jahr letzten Jahres hat mich sehr getroffen, weil ich immer direkt im Museum geschrieben habe und das Manu­skript zu diesem Zeit­punkt schon weit fort­ge­schritten war. Und dann war es plötz­lich nicht mehr möglich, in die Museen zu gehen, etwas, das früher undenkbar gewesen wäre. Auch diese Situa­tion hat Eingang gefunden in mein Schreiben und in meine Gedichte. Derzeit haben die Museen wegen des derzei­tigen Lock-Downs schon wieder geschlossen. So man das möchte, kann man meine beiden letzten Gedicht­bände auch als Einla­dung zu einem gemein­samen Spazier­gang durch die Wiener Museen lesen. Einem Spazier­gang mittels der Gedichte, in und durch Sprache. Als kleiner Trost und als Hoff­nung, dass es bald schon wieder besser wird für uns alle!

 

Astrid Nisch­kauer ist gemeinsam mit Gerald Nigl und Udo Kawasser zu Gast im Lite­ra­tur­salon des BÖS. Live gestreamt wird er am 24. April 2021 ab 17:30 Uhr hier.

 

Die Künstler­Innen im Netz:
Astrid Nisch­kauer
Gerald Nigl
Udo Kawasser

Foto: privat