Eingehen und Ermuntern

Ein Inter­view mit Erika Kronabitter

Für ältere Menschen ist das Ordnen von Erin­ne­rungen eine wich­tiges Motiv für das Schreiben. Was man dafür braucht, um sie profes­sio­nell anzu­leiten, erklärt Erika Kronabitter.

 

BÖS: Welche Rolle spielt Erin­ne­rung für ältere Menschen?

Erika Kronabitter: Erin­ne­rung ist für viele ältere Menschen Rück­blick auf das Geschaf­fene, Erlebte. Es ist aber gerade beim schrei­bend Zurück­bli­cken auch ein Ordnen, manchmal ein Korri­gieren und Bewahren. Aus dem großen Geflecht an Erleb­nissen, Gesagtem und Nicht­ge­sagtem, Gedachten und Verheim­lichten kann jeder die Fäden kurz heraus­ziehen und betrachten. Ein loses Band viel­leicht mit einem anderen verbinden. Ande­rer­seits geht es um ein Weiter­geben von etwas, das der Person wichtig ist. Wir kennen gerade derzeit eine große Zahl lite­ra­ri­scher Beispiele, die sich mit Biografie beschäf­tigen. Wir sehen uns im Work­shop einige Beispiele an, entde­cken, wie so etwas funk­tio­nieren kann. Viele Work­shop­teil­neh­menden hegen ganz im Innersten den Wunsch, ihre Aufzeich­nungen in einem Buch fest­zu­halten. Für die Tochter, den Enkel. Die einzelnen Personen denken dabei nicht an viele Bücher, also nicht an eine hohe Auflage: Sie möchten ihre Gedanken, ihre Texte einfach in Form eines kleinen Buches weitergeben.

BÖS: Worauf muss man beson­ders achten, wenn man sie zum Schreiben anleiten möchte?

Erika Kronabitter: Personen, welche Schreib­runden mit Senio­rInnen anbieten möchten, müssen fähig sein, indi­vi­duell auf die Senio­rInnen einzu­gehen. Dies lernen die Teil­neh­menden in meinem Work­shop. Eingehen auf jede einzelne Person. Eingehen auf das indi­vi­du­elle Schreib(vermög)en. Ermun­tern und Abbauen von (Schreib)ängsten.

BÖS: Welches Schreib­utensil ist das bevor­zugte und welche Vor-/Nach­teile hat es?

Erika Kronabitter: Das ist sehr indi­vi­duell. Jemand, der schnell denkt und Gefahr läuft, während des händi­schen Schrei­bens den Gedan­ken­faden zu verlieren, wird sicher­lich – wenn er mit dem PC gut umgehen kann – direkt mit dem Computer schreiben. Andere wiederum entwi­ckeln während des hand­schrift­li­chen Schrei­bens nach und nach ihre Gedanken, lieben es, im Text Wörter durch­zu­strei­chen, Worte einzu­setzen, ein lust­volles Text­flick­werk sozu­sagen, das später ins Reine geschrieben werden kann. Es ist unglaub­lich, welch Krea­ti­vität in den meisten Menschen schlum­mert. Es ist schön, mitzu­er­leben, wenn die Texte entstehen, welche Gedanken nieder­ge­schrieben und weiter­ge­dacht werden.

 

Erika Kronabitter leitet den Work­shop “Schreiben mit Senio­rInnen” am 4./5. November 2023.