Meine persön­li­chen Blüten sind diese Gedichte

Ein Inter­view mit Monika Vasik

Mit Lesungen von Monika Vasik und Ange­lika Stall­hofer sowie einem Video von Andrea Zámbori geht die heurige Lite­ra­tur­salon-Saison zu Ende. Mit Monika Vasik haben wir über Frau­en­rechte, junge Lyri­ke­rInnen und ihren neuen Gedicht­band gesprochen.

BÖS: Sie lesen aus Ihrem heuer erschie­nenen Gedicht­band “Knochen­blüten”. Wie sehen diese Blüten für Sie persön­lich aus?

Monika Vasik: Es gibt kaum ein größeres Geschenk, als sich dich­tend mit Themen zu befassen, über die man unbe­dingt schreiben möchte. Es ist eine Annä­he­rung, ein Begreifen mit und durch Sprache. Meine persön­li­chen Blüten sind daher diese Gedichte, deren Basis wiederum meine lebens­lange Beschäf­ti­gung mit dem Thema Femi­nismus ist. Wäre ich nicht Lyri­kerin UND Femi­nistin, hätte ich diese Gedichte auch nicht verfassen können. Ich wollte mich in meinem poeti­schen Konzept­band diesen 80 faszi­nie­renden Frauen aus knapp sieben Jahr­hun­derten widmen, die sich den Konven­tionen ihrer Zeit sowie patri­ar­chalen Normen und Rollen­zu­schrei­bungen wider­setzten. Sie waren bereit, einen hohen Preis dafür zu zahlen, um ein Stück Frei­heit zu erringen. Eine meiner Erkennt­nis­blüten war zudem, wie viel persön­liche Frei­heit für Frauen trotz allem möglich wurde, sobald wohl­wol­lende Männer, zum Beispiel ihre Väter, Brüder und Ehemänner, den Weg der Befreiung unterstützten.

BÖS: In diesem Buch geht es um Frau­en­rechte. Warum ist dieses Thema gerade (wieder) so präsent?

Monika Vasik: Das Thema war meiner Meinung nach noch nie nicht präsent, auch deshalb, weil nach jedem Fort­schritt verläss­lich ein halber Rück­schritt erfolgt, siehe etwa in den USA, wo das verfas­sungs­mä­ßige Recht der Frau, über Abbruch oder Fort­füh­rung ihrer Schwan­ger­schaft selbst zu entscheiden, nun in etli­chen Bundes­staaten erschwert, ja verun­mög­licht wurde. Und solange tradi­tio­nell eher weib­lich konno­tierte Berufe wie Schnei­derin oder die Care-Arbeit als Kinder­gärt­nerin, Kran­ken­schwester und Alten­be­treuerin deut­lich schlechter bezahlt werden als tradi­tio­nell eher männ­lich konno­tierte Berufe wie Tech­niker, solange ausrei­chende, quali­tativ hoch­wer­tige Kinder­be­treu­ungs­ein­rich­tungen fehlen, wir mit Schlag­worten wie Gender-Pay-Gap auf die ungleiche Bezah­lung von Männern und Frauen hinweisen müssen oder auf die viel nied­ri­geren Pensionen von Frauen, bleibt noch viel zu tun, bis wir von echter Gleich­be­rech­ti­gung, das heißt glei­chen Rechten, Möglich­keiten und Chancen im Leben, spre­chen können.

BÖS: Welchen Tipp würden Sie jungen Lyriker*innen geben, die sich in der öffent­li­chen Wahr­neh­mung plat­zieren möchten?

Monika Vasik: Schon vor dem Gang an die Öffent­lich­keit würde ich raten: nehmt euch Zeit für die Entwick­lung des Eigenen, das heißt die Entwick­lung eurer eigenen Sprache, eurer Poetik und eures künst­le­ri­schen Selbst­ver­ständ­nisses. Und nicht nur jungen, sondern allen Lyriker*innen würde ich für ihre ersten Schritte im Lite­ra­tur­be­trieb empfehlen: seid unver­zagt, koope­riert, vernetzt euch, tauscht euch aus über Texte und Publi­ka­ti­ons­mög­lich­keiten! Schickt eure Gedichte an Lite­ra­tur­zeit­schriften und seid nicht entmu­tigt, wenn ihr keine oder eine abschlä­gige Antwort bekommt, sondern macht weiter. Seid kreativ in der Errei­chung eines poten­ti­ellen Publi­kums, nutzt die Möglich­keiten des Inter­nets, seid präsent auf Platt­formen wie Insta­gram, Face­book usw. Vor allem aber: schaut über euren eigenen Teller­rand und inter­es­siert euch, besucht Lesungen, kauft Lyrik­bände von Kolleg*innen und setzt euch mit deren Gedichten ausein­ander, denn wenn alle nur gelesen werden wollen und niemand liest, wird es schwierig.

 

Der Lite­ra­tur­salon im BÖS-Atelier findet am 19. November 2022 ab 19 Uhr statt. Es mode­riert Günter Vallaster.