Welttag des Buches
Lieblingsbücher von Britta Mühlbauer und Brigitta Höpler, Günter Vallaster und Tobias March, Peter Bosch und Claudia Dabringer, Barbara Rieger, Cornelia Stahl und Erika Kronabitter
Britta Mühlbauer
Karin Peschka: Dschomba
Otto Müller Verlag 2023
Ein Roman voller Geschichten über den einsilbigen Serben Dragan Džomba, den es Mitte der 50er Jahre nach Eferding verschlägt; über jene die sich seiner annehmen und jene, die ihn gleich wieder loswerden wollen. Und über das Kind, das die Autorin war, das diese Geschichten zwanzig Jahre später im Wirtshaus der Eltern aufschnappt. Erzählt in einer Sprache, die alle Stimmen einschließt, die wohlwollenden und die Zweifler, die Alten und die Jungen, die Hiesigen und den Fremden.
Brigitta Höpler
Ulrike Schrimpf: Lauter Ghosts
Literatur Quickie Verlag 2023
Da passen der Text, die Coverillustration und der Verlag zusammen. Dieser feine, ironische Blick auf unsere Social Media Kommunikation, unser ach so berührt sein von diesem und jenem, unsere verschickten Herzen und die Begegnungssehnsucht und die geliked-werden-Sehnsucht. Dazu ein Flirt, eine Anziehung, eine Anbahnung, eine rasante, witzig-traurige Liebesgeschichte. Hin und her fliegende Worte in allen Nuancen zwischen blitzartige Nähe und kaltem Verschwinden. Vom Briefroman über Daniel Glattauers Mail Roman zu Ulrike Schrimpfs Facebookroman.
Günter Vallaster
Markus Lindner / Andreas Pavlic: Sternhagel. Ist denn das noch Lyrik oder nicht schon Deutsch-Punk?
Illustriert von Linda Bilda, Nicole Szolga, Markus Lindner
fabrik.transit 2022
Booksharing als poetische Reaktion auf die Krisen der Zeit: Der Doppel-Lyrikband lebt nicht nur von biografischen Gemeinsamkeiten der Autoren in den Alternativszenen Tirols und Wiens, sondern auch von spannenden stilistischen Unterschieden: “Sternhagel” von Markus Lindner findet farbige poetische Worte zu einer Welt in Schwarz-Weiß. Eingängig wie Songs bringt “Ist denn das noch Lyrik oder nicht schon Deutsch-Punk?” von Andreas Pavlic (verhinderten) Protest und (abgebrochenen) Aufbruch zum Ausdruck, mit Versen voller Anspielungen, in die auch die Namen real existierender Bands wie “Rolltreppe”, “Modecenter” und “Laut Fragen” eingewoben sind.
Tobias March
Erika Kronabitter: La Laguna
Verlag Wortreich, 2016
Seit fast 10 Jahren kenne ich nun schon Erika Kronabitter, aber erst jetzt habe ich es geschafft, ihren Roman “La Laguna” zu lesen. Auf 232 Seiten beschreibt die Autorin eine Liebesgeschichte zwischen Hanna und Beppo, eine Geschichte ihrer Zeit, als Heiraten noch ein “Muss” war. Unterbrochen wird diese österreichische Liebesgeschichte der 1960er Jahre durch Geschichten aus der Gegenwart. Es wird die Geschichte von Hannas und Beppos Tochter Elena erzählt. Elena fliegt in der Gegenwart mit ihrem Freund Paul nach Teneriffa, um den mysteriösen Tod ihres Vaters (Beppo) aufzuklären und zu verstehen. Wie Beppo genau gestorben ist, dass müsst ihr schon selbst nachlesen. Aber eine Schlange spielt eine Rolle 🙂
Klug, geschickt und mit viel Liebe zum Detail werden Liebesgeschichte, Moralvorstellungen, Krimi und tragische Familienbeziehungen von der Autorin miteinander verwoben.
Lektüreempfehlung!
Und vergesst nicht: „Hier im Süden sind die Herzen nicht so hart wie im Norden”.
Peter Bosch
Monika Held: Der Schrecken verliert sich vor Ort
Eichborn 2021
Was wie eine ganz normale Liebesgeschichte zwischen Lena aus Deutschland und Heiner aus Wien beginnt, stellt sich zunehmend kompliziert heraus. Heiner ist nämlich Überlebender des KZ Auschwitz und seine Erinnerungen verfolgen ihn durch den ganzen Roman. Ist er überhaupt noch zu einer Beziehung fähig? Die beiden machen sich schließlich zu einer Reise nach Polen auf, um zu merken, dass vielleicht nur eines helfen kann: ihr gemeinsamer Sinn für Humor. Lena verliert Heiner kurz aus den Augen als sie Auschwitz besuchen, plötzlich hört sie Schritte, erschrickt, bekommt Angst worauf Heiner meint: »Angst, wer soll dir hier etwas tun?”
Claudia Dabringer
Stewart O’Nan: Abschied von Chautauqua
rororo 2006
Erwartet hatte ich eine Familiengeschichte zum Entspannen, bekommen habe ich eine penible Beschreibung von abgegriffenen Alltäglichkeiten. Und konnte mich kaum davon lösen, weil es eine eigene Faszination besitzt, wenn jede/r und alles ganz genau unter das Mikroskop legt. Natürlich will man den Erzähler auch dauernd anstupsen, um endlich im Plot weiterzuschreiten. Doch da gibt sich Stewart O’Nan widerspenstig und nimmt sich alle Zeit der Welt. Nichts für Ungeduldige, diese 704 Seiten.
Barbara Rieger
Ingeborg Bachmann,Max Frisch
»Wir haben es nicht gut gemacht.«
Der Briefwechsel
Suhrkamp 2022
Sie konnte nicht schlafen und er hat verfügt, dass Privates nicht veröffentlicht werden soll. Der Briefwechsel von Ingeborg Bachmann und Max Frisch hält mich jeden Abend noch länger wach. Alles über Leben, Liebe und Literatur, was ich wissen wollte.
Cornelia Stahl
Sheila Heti: Reine Farbe
Rowohlt 2023
Jeder Tag ist ein Tag des Buches.
Neuentdeckungen lauern an jeder Ecke.
Sheila Heti habe ich für mich neu entdeckt.
Leseprobe aus Kapitel Fünf:
“Erste Versionen haben etwas Aufregendes – sie sind anarchisch, improvisiert, lebensprall und voller Fehler.” (S.158)
Erika Kronabitter
Christina Walker: Kleine Schule des Fliegens
Braumüller 2023
Ein Buch, mitreißend, böse und unerhört komisch!