Boshafte Texte 2
Texte von Claudia Muhr und Nicole Wimmer
Claudia Muhr
Für mei Tochta
(frei nach dem weihnachtslied „es wird scho glei dumpa“)
Es wird scho glei dumpa,
Drum gib auf di acht.
Auf der stroßn is gfährlich
Vor allm in der nocht.
Vermeide die gossn,
Wo´s grau is und schiach.
Es lauert um d‘eckn
Der bartl mit´m gschia.
Moch auf deine äugaln,
Sei wochsam und stad.
Vergiß net die messa
Und holt‘s stets parat.
De monna do draußn
San grauslich und schiach.
De wuin nua des ane,
Dei reinheit und gmiat.
Vergiss net o kinderl,
Dei leben is vui z’schen.
Oas an bartl die liab
Und die schenheit z’gem.
Vergiss net mei kinderl
Mein kumma, mei leid,
Waunst fuat bist im himml
Bei de engerl bei zeit.
Mach auf deine äugaln
Und schau di net um
In da finsteren gossn,
Wo se schleichn herum.
Gib zan abschied mia a bussal
Und vasprich ma dei wort.
Kumm zruck ohne baunkat,
I holt für di d´wacht.
Freitag
Freitag, 17 Uhr 45 Minuten, Billa, Kassa 2, grün beleuchtet, die 4 anderen Kassen leuchten rot.
Bei Kassa 2 stehen drei erwachsene Personen, jeder einen Einkaufswagen vor sich. Eine junge Mutter, Kopftuch tragend, steht mit ihren 2 Kleinkindern an vorderster Stelle. Dahinter ein älterer Herr mit Hut, ihm folgt ein junger Mann, blonde Dreadlocks.
Die Kassiererin mittleren Alters schiebt Aktionswaren über das klingelnde Förderband. Die junge Mutter wirkt genervt, die Kinder jammern sichtlich übermüdet.
Kassiererin: Sind scho müde die Kleinen, was?!
Junge Frau: Ja, is schwer, Mann nix zuhause, viel Arbeit.
Kassiererin: Gehen‘s, lassen‘s mich mal in ihre Tasche schaun. Wissen‘s eh, nur übliche
Kontrolle.
Älterer Herr ärgerlich: Geht‘s denn ein bisserl schneller?
Junge Frau blickt ängstlich zurück.
Älterer Herr murmelt: Schlecht erzogen die Kinder heute. Zu meiner Zeit hätt‘s das nicht gegeben. Da hat man gespurt.
Junger Mann schüttelt den Kopf: He Oida, wos host es denn so eilig?
Älterer Herr: Disziplin und Ordnung hat noch nie jemanden geschadet. Waren sie bei der Wehrmacht, äh, beim Bundesheer dienen junger Mann?
Junger Mann: Na echt net. Untauglich.
Älterer Herr: Hab ich mir gedacht, so wie sie aussehen mit ihre Haar. Die Läuse in den Feldbetten hätten damals a Freud gehabt mit ihnen.
Die junge Frau sucht ihre Geldbörse in ihrer Tasche. Ein Kind beginnt zu weinen.
Älterer Herr murmelt: Viel zu viele Kind kriegen‘s die Ausländer. Und dann laut: Na was ist jetzt!
Kassiererin: Sie hat‘s ja gleich. Ein bisserl Geduld, Herr Hofrat. Gleich sind‘s dran. Sie können eh schon auflegen.
Älterer Herr legt zwei Flaschen vom teuersten Rotwein und eine Dreierpackung Magenbitter auf das Laufband.
Junger Mann: Na, sie haben aber einen Durscht!
Älterer Herr: Werden‘S net frech, sie Kiffer!
Die junge Frau hat nun ihre Geldbörse in der Hand.
Kassiererin: Dreiundzwanzigsechzig!
Junge Frau plötzlich bleich im Gesicht, verzweifelt: Nur zwanzig Euro mit, weiß nicht, vergessen!
Älterer Mann murmelt : Na das gibt es jetzt aber net. Mit ihren vielen Gfrastern den Sozialstaat ausnutzen und alles andere, was wir aufgebaut haben nach dem Krieg. Und dann sagen, dass sie das Geld vergessen hat. Dann in Richtung junger Frau laut: Haushalten, junge Frau, statt Kopftuch tragen!
Der junge Mann dreht sich einen Joint, zieht einen Fünfeuroschein aus seiner Hosentasche und legt diesen wortlos vor die Kassiererin. Diese retourniert das Restgeld, das der junge Mann der jungen Frau in die Hände legt.
Älterer Herr murmelt: Das hätt‘s bei uns damals nicht geben. Jeder hat selbst geschaut, dass er durchkommt.
Junger Mann: Wolln‘S an Joint Hofrat?
Nicole Wimmer
Lebensweisheiten
Man soll den Tag nicht vor dem Grübeln loben.
Ein Tag ohne Lächeln ist ein ehrlicher Tag.
Meteorit kracht ins Haus – Hund tot
Der Tibet Terrier wurde gestern Abend das erste Mal gesichtet. Dass sich ein Hund auf einen Meteoriten verläuft, wäre zwar ungewöhnlich, jedoch nicht unerwartet. Die NASA bestätigt, dass es sich bereits um den zweiten Fall handelte. „Hunde sind sehr feinfühlige Geschöpfe. Auch sie spüren die Auswirkungen der Klimakrise und wollen nichtmehr untätig herumsitzen“, so Hundetherapeut Manfred.
Laut Einschätzungen der Fachleute, sei ein Meteorit kein guter Lebensraum für einen Hund. Nach ausgiebiger Beratung mit Hundeexpertin Bella war ein Rettungsplan entwickelt worden. Der bereits 70.000 km/h schnelle Hund sollte mit Hundegeräuschen von seiner Laufbahn abgelenkt werden. Der Terrier bellte zwar zurück, allerdings kam jede Hilfe zu spät.
Kurze Zeit später krachte der Hund samt Meteorit in ein Reihenhaus. Die Familie Eins konnte sich gerade noch aus dem Haus retten. „Zum Glück sind wir gerade nach draußen gerannt, um uns beim Nachbarn über das Gebelle zu beschweren.“ Die Familie Eins wurde in einer von der Stadt Wien zur Verfügung gestellten Villa untergebracht. Mit weiteren Klimaflüchtlingen durch Angriffe von Aktivist*innen sei jedoch zu rechnen.
Die Texte sind im Schreibworkshop „DER BOSHAFTE BLICK. Ironie – Parodie – Satire“ mit Britta Mühlbauer entstanden.