titel: 18 Wege

Ein Text von Eva Kolb aus MOSAIK

es liegt in der ebene weit der bauernhof. mir kommt’s aus dem nichts hoch, ich dreh mich zusammen, ich bin ein klarer kreis, voll­endet unter der erde, im heißen. wenn es draußen, lehn ich mich innen immer aus den fens­tern, wander zu tagen, an denen das abend­licht über
ruhiges wasser schwappt und der himmel ganz auf ist. du weißt schon, da unter unserem baum, wo wir uns geliebt haben (?), weißt du’s ? (?) acht­zehn mal über himmel und hölle hüpfen, auf einem bein, ein spiel, das keine gewinner hat, da dacht ich noch, wenn ich groß bin, wär ich wir. dabei: leiernde nacht­wein­münder, häuser aus rech­nungen, hinge­zo­gene kippen­fried­höfe, drüber fliegen schale flugzeuge. es lärmt: das ist die stadt durch die ich wandre, vereinsamt an hand und mund, auf einem bein jetzt, ständig meine weißen täler, mit hitziger haut, auch im fins­tern, wenn ich mich zwischen dem papier wieder zum kreis zusammen lege. – manchmal zieht die unsi­cher­heit aka verlo­ren­heit ihren hut höflich im vorbei­gehen, manchmal verprü­gelt sie mich unge­niert mitten auf der straße, schlägt mir die nase blutig und alle schaun weg.

es hat so gebrannt am bauernhof, da ist in mir auch was entzunden, alle tiere fliehen in den wald, das alles lodert, das alles gräbt, das alles verlässt den geraden weg. ich halte mich unterm davon­laufen auf, lausche, bin ein geducktes reh im dickicht, ich bin ruhig jetzt, der schweiß läuft in gere­gelten bahnen auf meiner haut, er brennt auch, hast du gesehen was du da gelassen hast? es ist mir entfallen, wer du warst, da bleibt nur die hülle, du bist eine schlange, die sich auf mir enthäutet hat, deine haut­schuppen fallen mir in den mund, sie kommen mir hoch, mein kopf geht unter. im bauernhof zerspringen die krüge in der hitze, das glas split­tert, es zerfetzt am stück etwas, es herrscht massen­hys­terie in der geschlos­senen scheune, alle kühe schreien im feuer.

denk: im früh­ling wächst das gras nach auf den verbrannten stellen, denk: im früh­ling können wir einen brunnen bauen, um zu löschen, was noch brennt, denk: im früh­ling, im früh­ling, im frühling.

denk: es wächst in der weiten ebene die weite, da gibt es geflo­henes vieh, himmel, erde, achzehn mal und meinen kreis, unten drin, der glüht. aber: du hast mich verroht, da lieg ich jetzt.

Weitere Texte von Eva Kolb finden sich in der Lehr­gangs­pu­bli­ka­tion „Mosaik“ (heraus­ge­geben von Martina Bach­trögler und Sabine Wagner-Fass­mann), die im März 2019 bei Fabrik Transit erscheint und bei der Abschluss­le­sung am 16. März im Café Museum präsen­tiert wird.

Eva Kolb

wohnt in Salz­burg. Sie liebt Salz­burg. Und außerdem ihre kleine Wohnung unterm Dach mit ihrem Max, ihr Studium der Bildungs- und Erzie­hungs­wis­sen­schaften, barfuß gehen, Floh­märkte und den Herbst. Wer ihr eine Freude machen will, bringt ihr helle Gerbera mit oder verwi­ckelt sie in ein Gespräch über a) Gott, b) Krea­tives Schreiben c) Philo­so­phie oder d) Essen. Zukunfts­traum: kleines Häus­chen am Land mit 3 Hühnern, Hund, so vielen Kindern wie möglich, Instru­men­ten­bau­werk­statt für Max und Schreib­ate­liers im Sessel­kreis unterm Apfelbaum.

Sie ist Teil­neh­mende des Lehr­gangs Schreib­päda­gogik 2018/2019.