Intermedialer Transfer: Textgestaltung im Museum
Gedanken von Silvia Waltl
Das Zusammenwirken von bildender Kunst und dem geschriebenen Wort hat mich schon immer interessiert. Am Wiener Institut für Kulturkonzepte zur Kunstvermittlerin ausgebildet, entschied ich mich bald für die praktische Umsetzung intermedialer Zugänge im Museumsbereich, was natürlich nicht zuletzt auch meiner langjährigen Arbeit als Schreibpädagogin geschuldet war.
Innerhalb der Kunstvermittlungsdiskurse geht der Trend seit vielen Jahren klar in Richtung partizipativer Ansätze. Im Rahmen meiner Tätigkeit als Kunstvermittlerin an der Albertina arbeite ich mit Schüler/innen im Klassenverband ab der Volksschule bis zur Matura, mit Student/innen, Kandidat/innen in der Lehreraus- und ‑fortbildung, sowie Erwachsenen. Die Formate umfassen unterschiedliche schreib- und literaturpädagogische Programme in den Ausstellungen, basierend auf Dialog, Diskussion, Reflexion und Gestaltung.
Zusätzlich zu den institutionalisierten Programmen im Museum biete ich als Schreibpädagogin punktuelle Workshops in wechselnden Ausstellungen an, sowie einmal jährlich einen Workshop zu Transfer und Transformation im Lehrgang Schreibpädagogik. Dieser fand zuletzt mehrmals im 21er Haus (jetzt: Belvedere 21) statt.
Die Arbeit mit Bildvorlagen ist auch in den meisten anderen Workshops und Kursen ein methodischer Schwerpunkt. Die sich daraus ergebenden Impulse werden von den Teilnehmer/innen in der Regel gut und offen angenommen. So arbeiten wir bei „Ich und Rolle“ zumindest einmal mit Bildinszenierung und dem fiktiven Ich als Bild-Figur und bei „Sprache(n) des Traumes“ mit surrealistischer Kunst und/oder Fotografie.
Im Prinzip sind Transferprozesse in jedem Museum und zu jeder Ausstellung realisierbar. Angesprochen sollen damit vor allem jene Menschen werden, die sich gleichermaßen für Literatur und Kunst interessieren, aber auch jene, die bislang noch nicht auf die Idee gekommen sind, sich mit dem Schreibheft in der Hand den Werken in einem Museum zu nähern.
Die Workshops ermöglichen die individuelle, wie auch die interaktive Arbeit in der jeweiligen Ausstellung. Eine besondere Faszination geht dabei von Paralleltexten aus, die davon zeugen, wie unterschiedlich Zugänge und Betrachtungsweisen sein können, wenn verschiedene Schreibende sich mit ein und demselben Kunstwerk auseinandersetzen.
Es geht bei den Workshops immer um den persönlichen Zugang zu Kunst, nie um technisches oder kunsthistorisches Wissen, Analyse oder Bildbeschreibung. Wer zu Kunst schreibt, betrachtet sie anders. Der kreative Übertragungsprozess von Bild in Wort eröffnet neue Perspektiven und ermöglicht die Wahrnehmung von Aspekten am Werk, deren sich der bloß betrachtende Museumsbesucher häufig nicht bewusst ist. Im Transferprozess wird das Narrativ des Bildes auf persönliche Weise zugänglich gemacht, gestaltend interpretiert, im Zuge einer subjektiven Transformation und Anverwandlung in Worte übertragen und erhält auf diese Weise neue Ebenen von Aussage und Bedeutung.
Silvia Waltl, November 2018
Silvia Waltl ist literaturwissenschaftliche Mitarbeiterin an der Akademie der Wissenschaften, am Institut für Kulturkonzepte ausgebildete Kunst- und Kulturvermittlerin, im ÖAGG ausgebildete Multimediale Kunsttherapeutin und Schreibpädagogin in der Erwachsenenbildung und mit Kindern und Jugendlichen in Schulprojekten. Sie ist als Kunstvermittlerin mit Literaturschwerpunkt an der Albertina tätig. Sie schreibt und veröffentlicht Lyrik und Kursprosa.
Literatur im Museum, aktuelles Programm
Fotos Silvia Waltl:
Dominikanerkirche Krems, Samstag, 22. September 2018, Transfer-Workshop in der Kunsthalle Krems zur Sammlung Hubert Looser und in der Dominikanerkirche zu „Spaces“ – Rauminstallation von Eva Schlegel (geb. 1960)