Buch­tipps für den Winter

Eine Auswahl von Petra Ganglbauer

Tine Aufschnaiter / Eva Maria Wagner: IN MEINEN ADERN TRABEN KLEINE REITER.

Edition pyama­gue­ril­leros* POCKET ART EXPLOSION #9, Inns­bruck, 2022

Es gibt wenige Bücher, die körper­liche Leiden und damit verbun­dene  seeli­sche Orien­tie­rungs­lo­sig­keit auf so sensible und glei­cher­maßen poeti­sierte und in Teilen rhyt­mi­sierte Weise lite­ra­risch behan­deln wie dies das vorlie­gende DIN A6 Büch­lein bzw. dessen Autorin tun.

Eine junge Frau, ein Schlag­an­fall:
Sohin etwas sehr Reales, Drama­ti­sches. Was Eva Maria Wagner jedoch daraus macht, sind lite­ra­ri­sche, bisweilen lyri­sche Höhen­flüge, die – auf wenigen Seiten –  das ganze (Farb)spektrum einer Befind­lich­keit des Erkrankt­seins, des Hoffens und Bangens, gewürzt mit einem Schuss subtiler Selbst­ironie, aufweisen.

Die Bild­ar­beiten von Tine Aufschnaiter runden die starken Gefühls­räume konge­nial ab.

Empfeh­lens­wert!

 

JÖRG ZEMMLER: Wir wussten nicht warum. Nur Zweifel gab es keine.

Limbus Lyrik, Limbus Verlag, Inns­bruck-Wien, 2022.

Unprä­ten­tiös, zart, aus einer Acht­sam­keit heraus, und immer mit Blick auf etwas, das nicht vorder­gründig, augen­schein­lich und mit Klischees behaftet ist:
Derge­stalt entwirft Jörg Zemmler seinen Zyklus der Annä­he­rung an eine Liebes­be­zie­hung. Bezie­hung.
Es sind die unschein­baren, verqueren, schrägen,  allzu oft über­sehen Dinge und Gesten, die Liebe trans­pa­rent machen und deren ganzen Kosmos entfalten:
„Zum Einschlafen lasen wir uns / Nicht selten bis oft / Eigen­schafts­wörter vor …“
Das sind die sich nicht insze­nie­renden, nicht von großen Dramen über­frach­teten und dennoch poeti­schen Szenen einer Bezie­hung, die – nicht selten – erin­nernd oder oft auch erst im Nach­hinein wirk­lich Gestalt annehmen und das Gedächtnis der Liebe speisen.

Unge­wöhn­lich und auch mit kleinen Skizzen des Autors ausgestattet!

 

Nils Jensen: Eichhörnchenlieder.

Gedichte, edition keiper, 2022.

Eich­hörn­chen und Lieder. Was für eine treff­liche Kombi­na­tion. Alltags­be­trach­tungen in Form von Gedichten sind das, tagtäg­liche lyri­sche Proto­kolle, Eich­hörn­chen­lieder 1 bis 88. Ein Tage­buch also: Bewusst einfache Setzungen, Natur­er­fah­rungen, Beob­ach­tungen, Analysen des Zeitgeschehens.

Nils Jensen, Autor, Heraus­geber, Über­setzer, Publi­zist, nähert sich mit diesen bisweilen fast lako­ni­schen Notaten auf eine nicht übliche Art und Weise dem uns alle heim­su­chenden Zeit­ge­schehen: Corona spielt eine Rolle wie Zeit­geist­wörter („Outdoor Lear­ning Space“u.v.m.).

Dem gegen­über findet sich jedoch als eine Art Gegen­ent­wurf die Welt der Wälder, heimi­schen Tiere, der Jahres­zeiten, des Wetter­ge­sche­hens: „“Zur Schrol­len­bach­schleuse / Nortdwind weht stramm / macht den Kopf klar“.

Ein erquick­li­ches Buch.