Mutter brennt – Sophie Reyer
Eine Rezension von Petra Ganglbauer
Sophie Reyers neues Buch ist ein mutiger, akribisch komponierter und in der Welt der Belletristik zudem ungewöhnlicher Wurf, bewegt es sich doch am schmalen Grat zwischen Diesseits und Jenseits und baut so auch eine Brücke zum Schamanismus.
Um eine solche Brücke literarisch herzustellen, bedarf es einer nicht zu unterschätzenden Souveränität, da ein derartiger Plot leicht ins Pseudoesoterische kippen könnte. Sophie Reyers Buch jedoch ist gleichermaßen überzeugend wie intensiv geschrieben.
Anhand von Luise und ihren (imaginierten) Kindern Ina und Clemens wird eine Familiengeschichte aufgerollt, die bis zurück in die Zeit der Alliierten reicht und auch gleich das Schicksal von Eva, Luises Mutter, erzählt. Diese, bereits verstorben, taucht als Geist in Luises Wohnung auf und tritt vor allem mit Clemens, Luises Sohn, in Kommunikation. Auf feinstofflicher Ebene erzählt sie ihre Lebensgeschichte.
Die Autorin verwebt die Zeiten gekonnt.
Die vordergründige Milieugeschichte rund um Luise wird um viele thematische Facetten erweitert, die geschickt ineinandergreifen: Wahnsinn, Leben und Tod, Weiterleben nach dem Tod u.a.
Und so lässt sich dieses diszipliniert gemachte Buch auf mehrere Arten lesen: Im Innerseelischen wie im Außen-Raum oder als Visionssuche.
Besonders gelungen sind die Charaktere, etwa Luises Tochter Ina, darüber hinaus die feinen und gestischen Nuancen der Erzählweise, wie die gesamte Dramaturgie dieses Romans!
Empfehlenswerter Tiefgang!
Petra Ganglbauer, September 2019
Für die Rezensionen sind die jeweiligen VerfasserInnen verantwortlich.
Sophie Reyer: Mutter brennt
Graz: Edition Keiper, 2019
248 Seiten
EUR 23,00
ISBN13: 978–3‑903144–85‑9