Mutter werden. Mutter sein. Autorinnen über die ärgste Sache der Welt – Barbara Rieger (Hg.)
Eine Rezension von Brigitta Höpler
Wir wollen was
Mit der Anthologie „Mutter werden. Mutter sein. Autorinnen über die ärgste Sache der Welt“ ist der Herausgeberin Barbara Rieger und den vierzehn eingeladenen Autorinnen ein arges und wunderbares Buch gelungen!
Mutter sein ist körperlich, existentiell, gesellschaftlich, privat, politisch, heftig, zärtlich, individuell, öffentlich, klischeebehaftet, aufwühlend, fordernd, wunderbar, stärkend, schwächend, überwältigend, bezaubernd, verstrickend, verbindend, beglückend, widerprüchlich – und alles, was sich nicht in Worte fassen lässt. Diesen weiten Erfahrungshorizont loten die Autorinnen in Kurzgeschichten, Erzählungen, Essays, Briefen, Manifesten aus.
Wie gerne hätte ich vor 25 Jahre, als ich Mutter wurde, genau dieses Buch gelesen! Die vielfältigen Texte der Autorinnen hätten mich gestärkt, ermutigt, zum Nachdenken gebracht. Sie hätten mich die Widersprüchlichkeiten besser aushalten lassen. Für uns gab es öde Ratgeber, die ich lieber gleich wieder weggelegt habe. Ohnehin habe ich in keiner anderen Lebensphase so viele ungefragte und ungebetene Ratschläge bekommen, im Freundes- und Familienkreis, aber auch von Fremden auf der Straße. Wir hatten „Kai und die Liebe zu den Modellen“, 1979 von Barbara Frischmuth veröffentlicht. Amy, die über Modelle nachdenkt, wie man auf andere Weise miteinander leben könnte. Sonst wurde in der Literatur und der Gesellschaft nicht so besonders viel darüber nachgedacht.
In den letzten zwei Jahren, vielleicht auch, weil Corona die Lage für Frauen noch einmal verschlechtert hat, tut sich einiges an Initiativen, Forderungen, Veröffentlichungen. Im Herbst 2020 haben Autorinnen „writing with CARE/RAGE“ gegründet, ein Kollektiv schreibender Mütter, dass sich für die Vereinbarkeit von künstlerischer Arbeit und Sorgearbeit einsetzt. Zwei der Gründerinnen sind auch in der Anthologie vertreten: Lene Albrecht und Sandra Gugić.
Wir wollen was. Wir wollen was. Wir wollen was. Die Mütter haben nichts zu verlieren als ihr Schweigen. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Ihre Kinder übrigens auch. Mütter aller Länder, vereinigt euch, singt! (Simone Hirth)
Brigitta Höpler, Oktober 2021
Für die Rezensionen sind die jeweiligen VerfasserInnen verantwortlich.
Barbara Rieger (Hrsg.): Mutter werden. Mutter sein. Autorinnen über die ärgste Sache der Welt. Mit Beiträgen von Helena Adler, Lene Albrecht, Katja Bohnet, Teresa Bücker, Nava Ebrahimi, Andrea Grill, Sandra Gugić, Franziska Hauser, Simone Hirth, Gertraud Klemm, Elena Messner, Lydia Mischkulnig, Barbara Peveling, Verena Stauffer.
Graz-Wien: Leykam Verlag 2021
216 Seiten
22 EURO
ISBN: 978–3701181971
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