Okéanos: Jolandas Kampf gegen den Seelen­spalter – Karin Leroch

Eine Rezen­sion von Cornelia Stahl

Schlaf­wan­deln zwischen Katzenvenusfallen

Ein unge­wöhn­li­ches Werk der Autorin Karin Leroch liegt vor mir: Darin verliebt sich die schlaf­wan­delnde Prot­ago­nistin Jolanda ausge­rechnet in den myste­riösen Forscher Steve. Der ehrgei­zige Wissen­schaftler züchtet Pflanzen mit mandel­för­migen Augen und kleinen Mündern, die beim Öffnen winzige Zähne zum Vorschein bringen.
In fünf Kapi­teln baut Leroch Span­nung auf und hält diese bis zum Schluss.
Dass es in Steves Versuchs­labor nicht mit rechten Dingen zugeht, fällt auch dem Nach­barn Robert auf, der neuer­dings merk­wür­dige Wesen auf seinem Grund­stück entdeckt und sie mit Steves Expe­ri­menten in Verbin­dung bringt. Als Jolanda Steve besucht, präsen­tiert er seiner Liebsten die neuesten Resul­tate seiner Versuche:
„Kreuz­otter, gekreuzt mit Pfei­fen­winde. (…) Hübsch, nicht?“, S.85, fragt er Jolanda und rühmt sich als Wissen­schaftler, „dem es auf revo­lu­tio­näre Weise gelungen ist“, die Arten-viel­falt zu erwei­tern, S.90.
Steves Expe­ri­mente erin­nern an Horror­filme. Welcher Zusam­men­hang zwischen  Okeanos, einer Rausch erzeu­genden Pflanze, und dem indi­genen Volk der Huitoto Indianer besteht, erfahren wir ab Roman­mitte, die zugleich einen Wende­punkt markiert.
Ein span­nender Roman, der an Robert Wienes expres­sio­nis­ti­schen Horror­film „Das Cabinet des Dr. Cali­gari“ erin­nert, in dem ein Schlaf­wandler tags­über als kuriose Jahr­markt­at­trak­tion präsen­tiert wird und nachts mordet. Die Autorin erschafft mit ihren Figuren eine neue Form von Horror­li­te­ratur, die durchaus Lese­pausen verträgt. Lerochs Prot­ago­nist Steve ähnelt in seinem Wesen dem des Dr. Cali­gari. Wienes Stumm­film war 1920 Meilen­stein der Film­ge­schichte. Neben­fi­guren wie Ober­inspektor Ferry Stark, der in Wien-Rudolfs­heim eine samt Rauch­schwaden umhül­lende Drogen­party aufklärt, wirken skurril und streuen Leich­tig­keit in den Lese­fluss. Unbe­dingte Leseempfehlung!

Karin Leroch, geboren 1963, lebt in Wien, sie ist Absol­ventin des Lehr­gangs „Schreib­päda­gogik“ des Berufs­ver­bandes Öster­rei­chi­scher Schreibpädagog:innen. Seit 2010 veröf­fent­licht sie Kurz­ge­schichten in Antho­lo­gien und Zeit­schriften. 2016 erschien ihr Kurz­roman „Die Saat“ im Verlag ohne Ohren.

 

Karin Leroch: Okéanos: Jolandas Kampf gegen den Seelen­spalter.
Egling: Trivocum 2024
296 Seiten
 16,49 EURO
ISBN: 9783946797524

 

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