Wien. Eine Stadt im Spiegel ihrer Literatur

Eine Rezen­sion von Brigitta Höpler

Auf „Wort­wegen“ (Inge­borg Bach­mann) und Text­li­nien durch eine Stadt zu flanieren – was für eine Einla­dung! Thema dieses Kata­log­bu­ches zur gleich­na­migen Ausstel­lung im Lite­ra­tur­mu­seum der Öster­rei­chi­schen Natio­nal­bi­blio­thek ist, die inspi­rie­rende Wech­sel­wir­kung zwischen Stadt und Text auszu­loten und zu erforschen.

Das Buch folgt den Schrei­benden, den Notie­renden, den Foto­gra­fie­renden, den Montie­renden, den Erzäh­lenden auf ihren Wegen durch Wien, von den Rändern ins Zentrum, von touris­ti­schen Klischees (Inge­borg Bach­mann, Malina) zum „gfäudn Wien“ des Fried­rich Achleitner und der Wiener Gruppe.

Wien wird als Text­feld, als konta­mi­niertes Pflaster, als Erin­ne­rungs­raum, als Tatort, als Utopie mit Über­schrei­bungen, Über­la­ge­rungen, Brüchen und Konti­nui­täten wahr­ge­nommen. Ausstel­lung und Buch suchen „die Zusam­men­hänge hinter dem Gewohnten zu entde­cken“ (Robert Musil). Katha­rina Mano­j­lovic schreibt in ihrem Essay über die unter­schied­li­chen Perspek­tiven auf die Stadt, Bern­hard Fetz über die Wien-Wege bei Thomas Bern­hard und Peter Handke, Klaus Nüch­tern folgt den „Menschen im Kanal“, Evelyne Polt-Heinzl beschäf­tigt sich mit dem „histo­ri­schen Gedächtnis“ der Stadt. Ergänzt um Collagen von Hanno Millesi, Brigitte Schwaiger, Fotos von Bodo Hell und Robert Menasse, Foto­ge­schichten von Gerhard Rühm, … um nur einige zu nennen.

Die Lesenden werden sich über die eine oder andere Entde­ckung freuen, werden den einen, die andere in und über Wien Schrei­bende vermissen.

Das Buch ist inspi­rie­rend für Wien-Lieb­ha­be­rInnen, für Flanie­rende, für Stadt- und Lite­ra­tur­in­ter­es­sierte, und für Menschen, die im weitesten Sinn zum Thema „die Stadt als Text“ arbeiten, wie die Rezen­sentin selbst mit dem BÖS-Work­shop „Urbane Text­felder“ und „(W)ORTE-Stadtschreiben“.

Das Gehen, das Sehen selbst werden in unter­schied­li­chen Zusam­men­hängen thema­ti­siert. Das Buch ist Anre­gung zum eigenen Stadt­er­kunden, zur Poeti­sie­rung der Wahr­neh­mung, ist eine Einla­dung, einfach los zu gehen und in der Stadt zu lesen.

 

Brigitta Höpler, Juni 2019

Für die Rezen­sionen sind die jewei­ligen Verfas­se­rInnen verantwortlich.

 

Bern­hard Fetz, Katha­rina Mano­j­lovic, Kerstin Putz (Hg.): Wien. Eine Stadt im Spiegel ihrer Lite­ratur.
Bozen: Folio Verlag 2019
192 Seiten
EUR 22,00
ISBN 978–3‑85256–778‑5

 

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